OGH-Entscheidung vom 26.4.2024, 4 Ob 182/83b
Sachverhalt:
Die Beklagte suchte eine Wohnung. Im Internet wurde sie auf ein Inserat der (hier klagenden) Maklerin aufmerksam und kontaktierte sie. Die Maklerin wusste, dass die Beklagte „eine Wohnung zu Wohnzwecken“ suchte. Sie vermittelte der Beklagten schlussendlich aber ein als Büro gewidmetes Wohnungseigentumsobjekt. Die Klägerin sagte der Beklagten, dass das Objekt als Büro gewidmet sei. Ob die Klägerin und die Verkäufer der Beklagten „weitere Informationen“ über die Widmung des Objekts und die tatsächlichen und rechtlichen Folgen der Widmung erteilten, konnte vor Gericht nicht festgestellt werden.
Die Klägerin bereitete eine als „Kaufanbot“ bezeichnete Urkunde vor, die das Objekt und den Kaufpreis (3,9 Mio. Euro) enthielt. Auch die Urkunde enthielt den Hinweis, dass das Objekt derzeit als Büro gewidmet sei, und außerdem den Satz, dass die Umwidmung zur Wohnung „vom Käufer“ durchgeführt werde. Das „Kaufanbot“ wurde wenige Tage später von der Beklagten und den Verkäufern unterzeichnet. Die Ausführung des Vertrags unterblieb dann aber; die Verkäufer verkauften das Objekt letztlich an einen Dritten.
Die Maklerin klagte auf Zahlung von EUR 140.400,- an Maklerprovision (3 % des Kaufpreises). Ihre vertragsgemäße verdienstliche Tätigkeit sei für den Vertragsschluss kausal gewesen.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die Klägerin habe ihr keine Wohnung, sondern ein Büro vermittelt und sie habe außerdem ihre Pflicht verletzt, die Beklagte über die Folgen der Widmung des Objekts als Büro aufzuklären.
Entscheidung:
Das Erstgericht sprach die Hälfte des eingeklagten Betrags zu. Die Pflichtverletzung (mangelnde Aufklärung) rechtfertige eine Minderung der Provision um die Hälfte. Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil und gab dem Klagebegehren zur Gänze statt. Der OGH befand die dagegen gerichtete Revision der Beklagten für zulässig und berechtigt.
Es steht fest, dass die Beklagte eine Wohnung („zu Wohnzwecken“) suchte und dass die Klägerin das wusste. Sollten die Parteien daher (konkludent) einen Maklervertrag geschlossen haben, lag aufgrund der Feststellungen ein „natürlicher Konsens“ über das Objekt des von der Klägerin zu vermittelnden Geschäfts vor, nämlich eine bewohnbare Wohnung. Eine nachträgliche (konkludente) Änderung des Maklervertrags in Bezug auf das zu vermittelnde Objekt konnte nicht festgestellt werden.
Die Klägerin bot der Beklagten zwar ein als Büro gewidmetes Objekt an und wies sie darauf hin; ob darin überhaupt ein (konkludentes) Angebot zur Änderung des Maklervertrags lag, brauchte nach Ansicht des OGH aber nicht geklärt werden: Es steht nämlich keine Reaktion der Beklagten fest, welche die Klägerin nach der Lehre vom „objektiven Empfängerhorizont“ als Zustimmung zu einer entsprechenden Änderung des Maklervertrags ansehen hätte dürfen. Der Abschluss des Kaufvertrags über das Büro reichte für eine solche Annahme nicht aus: Allein daraus ergaben sich für die Klägerin – nach dem strengen Maßstab des § 863 ABGB – keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass sich das ihr bekannte Anliegen der Beklagten, eine Wohnung („zu Wohnzwecken“) zu erwerben, in der Zwischenzeit diametral geändert hätte – und zwar so, dass die Beklagte nun ein Büro erwerben wolle.
Der Provisionsanspruch des Maklers setzt das Zustandekommen des zu vermittelnden Geschäfts durch seine vertragsgemäße verdienstliche Tätigkeit oder zumindest eines dem vertragsgemäß zu vermittelnden Geschäft nach seinem Zweck wirtschaftlich gleichwertigen Geschäfts durch seine Tätigkeit voraus (§ 6 Abs 1, 3 MaklerG). Auch eine (noch so) verdienstliche Tätigkeit des Maklers begründet also keinen Provisionsanspruch, wenn sie nicht zum Abschluss des vertragsgemäß zu vermittelnden Geschäfts oder zumindest eines ihm „zweckgleichwertigen“ Geschäfts führt.
Die Klägerin hat der Beklagten jedenfalls nicht wie im Maklervertrag vereinbart eine Wohnung, sondern ein als Büro gewidmetes Wohnungseigentumsobjekt vermittelt. Sie ist daher nicht „vertragsgemäß“ tätig geworden (§ 6 Abs 1 MaklerG). Auch von einer „Zweckgleichwertigkeit“ (§ 6 Abs 3 MaklerG) kann hier keine Rede sein, weil das Büro, wie die Revision aufzeigt, zumindest erst nach einer erfolgreichen Umwidmung (§ 16 Abs 2 WEG) und einer Baubewilligung (§ 60 Abs 1 lit c Wiener Bauordnung) als Wohnung genutzt werden könnte.
Der OGH kam daher zu dem Ergebnis, dass die Klägerin keinen Provisionsanspruch hat.
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