OGH-Entscheidung vom 18.3.2025, 4 Ob 106/24b

 

Sachverhalt:

Die Klägerin und die Beklagte vertreiben jeweils Heizsocken, an die ein Akku angeschlossen werden können. Für die Socken der Klägerin ist ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster eingetragen:

Die Klägerin klagte die Beklagte wegen Verletzung ihres Geschmacksmusters sowie wegen unlauterer Nachahmung nach dem UWG.

(Im Provisorialverfahren wiesen alle drei Instanzen das Sicherungsbegehren der Klägerin ab. Siehe HIER im Blog.)

 

Entscheidung:

Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab, da sie einen unterschiedlichen Gesamteindruck der Produkte und keine Verwechslungsgefahr sahen. Die Druckknöpfe seien zudem technisch bedingt. Die Klägerin erhob dagegen außerordentliche Revision. Der OGH wies die Revision als unzulässig zurück und bestätigte die Rechtsansicht der Vorinstanzen:

Im Hinblick auf den Geschmacksmusterschutz sind die Schutzfähigkeit und Verletzung eines Geschmacksmusters danach zu beurteilen, ob beim „informierten Benutzer“ ein anderer Gesamteindruck entsteht. Die Druckknöpfe sind technisch bedingt und prägen den Gesamteindruck nicht. Die unterschiedliche Gestaltung (schlicht-elegant vs. mit Beschriftungen) führt zu einem anderen Gesamteindruck:

Der OGH verwies diesbezüglich bereits im Provisorialverfahren darauf, dass das Design der Klägerin zu einem schlichten und eleganten Eindruck führt, während die Druckknöpfe der Beklagten (die einen geringfügig anderen Abstand haben) auf drei Seiten von Beschreibungen, Anleitungen und ihrer Wortmarke umgeben sind. Dies erweckt beim klägerischen Muster den Eindruck eines langgezogenen Streifens, beim Socken der Beklagten nähert sich das Rechteck hingegen einem Quadrat oder gedrungenem Raster. Das Augenmerk wird beim Rechteck der Beklagten auf die sich vom schwarzen Untergrund prägnant abhebende weiße Schrift gelegt und deren Positionierung zu den Ösen, nicht auf den Abstand zwischen den Ösen. Dieser Unterschied ist so ausgeprägt, dass man ihn als für den Gesamteindruck maßgeblich ansehen und davon ausgehend einen Eingriff verneinen kann.

Im Lauterkeitsrecht gilt der Grundsatz der Nachahmungsfreiheit. Eine Nachahmung ist nur bei besonderen Umständen unlauter (zB Herkunftstäuschung). Die Unterschiede in der Gestaltung schließen eine Verwechslungsgefahr aus. Die Beklagte bietet ein eigenes System an, das „bloß“ kompatibel ist. Die bloße Kompatibilität mit einem fremden System ist wettbewerbsrechtlich zulässig.

 

 

Link zur Entscheidung

 

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