EuG-Urteil vom 6.3.2024, Rechtssache T-647/22

 

Sachverhalt:

Sportartikelhersteller Puma meldete im August 2016 folgendes Gemeinschaftsgeschmacksmuster für Turnschuhe an:

Etwa ein Jahr vor Einreichung der Anmeldung trug Popstar Rihanna Schuhe von Puma, die ein älteres Geschmacksmuster mit den gleichen Merkmalen wie das neue Geschmacksmuster aufwiesen.

Der Antragsteller beantragte die Nichtigerklärung des Geschmacksmusters und legte zur Stützung des Antrags u.a. Fotos des Instagram-Accounts von Rihanna vor, die auf Mitte Dezember 2014 datiert waren und sich auf die Ernennung von Rihanna zur neuen Kreativdirektorin von Puma bezogen. Auf diesen Fotos war zu sehen, dass Rihanna ein Paar weiße Turnschuhe mit einer dicken schwarzen Sohle trug:

Die Fotos wurden in mehreren Artikeln in Online-Zeitschriften abgebildet.

Das EUIPO gab dem Antrag statt, da das ältere Geschmacksmuster offenbart worden sei. Puma klagte gegen diese Entscheidung vor dem EuG.

 

Entscheidung:

Das EuG wies die Klage von Puma ab. Die frühere Offenbarung des Schuhmodells durch die Künstlerin Rihanna habe die Nichtigerklärung des Gemeinschaftsgeschmacksmusters zur Folge.

Das EuG bestätigt die Beurteilung des EUIPO, wonach die vorgelegten Fotos für den Nachweis einer Offenbarung des älteren Geschmacksmusters ausreichen. Fachkreise des betreffenden Wirtschaftszweigs hätten Kenntnis von dieser Offenbarung haben können.

Auf den Fotos des Instagram-Accounts von Rihanna (unter dem Namen „badgalriri“) seien alle wesentlichen Merkmale des älteren Geschmacksmusters mit bloßem Auge oder mithilfe einer Vergrößerung dieser Fotos erkennbar.

Im Dezember 2014 sei Rihanna bereits ein weltweit bekannter Popstar gewesen. Fans und Fachkreise im Modebereich hatten zu diesem Zeitpunkt ein besonderes Interesse an den Schuhen, die Rihanna am Tag der Unterzeichnung des Vertrags mit Puma trug.

Das EuG folgte daher nicht der Argumentation von Puma, wonach sich niemand für Rihannas Schuhe interessiert und daher das ältere Geschmacksmuster wahrgenommen habe. Das EuG bestätigte folglich die Entscheidung des EUIPO, dass das Geschmacksmuster bereits im Dezember 2014 offenbart worden war, sodass das später angemeldete Geschmacksmuster für nichtig erklärt werden konnte.

 

 

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