EuGH-Urteil vom 20.3.2025, Rechtssache C-365/23
Sachverhalt:
Ein minderjähriger Basketballspieler schloss 2009, vertreten durch seine Eltern, einen 15-jährigen Vertrag mit einem lettischen Unternehmen ab. Das Unternehmen verpflichtete sich, umfassende Dienstleistungen zur Förderung seiner Sportkarriere zu erbringen, darunter Training, medizinische Betreuung und Marketingunterstützung. Im Gegenzug sollte der Sportler 10% seiner künftigen Einnahmen aus der Sportkarriere an das Unternehmen zahlen, sofern diese monatlich mindestens EUR 1.500 betrugen. Nachdem der junge Basketballspieler Profi wurde und Einnahmen von über 16 Millionen Euro erzielte, hätte er mehr als 1,6 Millionen an das Unternehmen zahlen müssen.
Die lettischen Gerichte hielten die Klausel für missbräuchlich. Das lettische Oberste Gericht legte den Fall dem EuGH zur Vorabentscheidung vor. Es wollte wissen, ob die Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (Richtlinie 93/13/EWG in der durch die Richtlinie 2011/83/EU geänderten Fassung) auf den streitigen Vertrag anwendbar ist und inwieweit sie gegebenenfalls einer entsprechenden Klausel entgegensteht.
Entscheidung:
Der EuGH bestätigte zunächst die Anwendbarkeit der Klausel-Richtlinie auf den Fall. Er stellte klar, dass die Missbräuchlichkeitsprüfung bei Klauseln zum Hauptgegenstand des Vertrags nur möglich ist, wenn diese nicht klar und verständlich formuliert sind. Das nationale Recht kann jedoch einen weitergehenden Verbraucherschutz vorsehen und die Klausel auch dann auf Missbräuchlichkeit hin prüfen, wenn sie klar und verständlich ist.
Der EuGH verwies auch auf das Transparenzgebot: Der Verbraucher muss die wirtschaftlichen Folgen seiner Verpflichtung einschätzen können. Eine Klausel ist nur dann „klar und verständlich“, wenn alle wirtschaftlichen Folgen für den Verbraucher erkennbar sind. Eine 10%-Klausel über 15 Jahre ist nicht automatisch missbräuchlich. Ob ein erhebliches Ungleichgewicht zwischen den Parteien besteht, hängt von den Umständen des Vertragsschlusses, üblichen Marktpraktiken und dem nationalen Recht ab. Auch die Tatsache, dass der Vertrag mit einem Minderjährigen geschlossen wurde, ist bei der Bewertung relevant. Zudem darf ein Gericht die Zahlungspflicht nicht nachträglich auf tatsächliche Kosten des Unternehmens begrenzen.
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