OGH-Entscheidung vom 19.11.2013, 4 Ob 113/13s
Sachverhalt:
Eine Gesellschaft verkaufte im Juni 2010 ihren Geschäftsbereich „Pelletier- und Briketttechnik“ an ein anderes Unternehmen. In einer Vertragsklausel (Konkurrenzklausel) verpflichteten sich die Gesellschaft und deren geschäftsführender Alleingesellschafter (hier die Erst- und Zweitbeklagten), für fünf Jahre „jede betriebliche Tätigkeit für die diesem Vertrag zugrundeliegende Sparte Pelletier- und Briketttechnik zu unterlassen, also weder direkt noch indirekt, mittelbar oder unmittelbar, selbst oder für ein die Käuferseite konkurrierendes Unternehmen, entgeltlich oder unentgeltlich am Wettbewerb teilzunehmen“. Weiters verpflichteten sich die Beklagten, „für sich und ihre sämtlichen Tochtergesellschaften zu unterlassen, jeweils auf die Dauer von fünf Jahren, direkt oder indirekt, mit irgendeinem Unternehmen Pelletier- und Briketttechnik, sei es als Eigentümer, Geschäftsführer oder Berater, zusammenzuarbeiten oder anderweitige Verbindungen welcher Art auch immer einzugehen“.
Die Käuferin (hier Klägerin) sollte nach dem Vertrag auch jene Teile des Internetauftritts der Erstbeklagten übernehmen, die diesen Geschäftszweig betrafen. Den Internetauftritt als solchen erfasste der Vertrag jedoch nicht.
Nach Vertragsschluss meldete die Gesellschaft ihr Handelsgewerbe ruhend. Ein Mitarbeiter der Klägerin übernahm die vom Kaufvertrag erfassten Inhalte des Internetauftritts der Erstbeklagten durch Kopieren in die eigene Website. Der geschäftsführender Alleingesellschafter (hier Zweitbeklagter) wurde im Unternehmen der Klägerin als Geschäftsführer angestellt.
Die Domain der Erstbeklagten war auf ihren EDV-Dienstleister registriert. Der Zweitbeklagte fragte bei der Klägerin an, ob sie den Internetauftritt übernehmen wolle. Deren Geschäftsführer verneinte, weil die relevanten Teile ohnehin schon durch Kopieren übernommen worden waren. Hierauf beauftragte der Zweitbeklagte die Löschung bei der Domainvergabestelle, was aber aus nicht feststellbaren Gründen nicht durchgeführt wurde. Zudem machte er die Startseite unzugänglich, sodass Nutzer bei deren Aufruf auf seinen eigenen Internetauftritt umgeleitet wurden. Die übrigen Seiten des Internetauftritts waren aber über Suchmaschinen – etwa über das Suchwort „Pelletstechnik“ oder die Firma der Erstbeklagten – weiterhin zugänglich.
Im Mai 2012 wurde der Zweitbeklagte entlassen. Die Klägerin warf ihm Verzug mit der Vertragserfüllung und Verstoß gegen das Konkurrenzverbot vor. Die Beklagten wurden zur Einstellung jeder „wettbewerbswidrigen Geschäftstätigkeit“ aufgefordert. Einem aktuellen Auszug aus der Website der Erstbeklagten sei zu entnehmen, dass die Beklagten weiterhin im Bereich der Pelletiertechnik tätig seien. Der Zweitbeklagte wurde als Geschäftsführer der Erstbeklagten aufgefordert, die Website mit dem vom Kaufvertrag erfassten „Knowhow“ sofort außer Funktion zu setzen.
Die Domain wurde daraufhin nochmals gekündigt. Endgültig unmöglich wurde der Zugang aber erst vier Monate später. Daneben hätte der Zugriff auf die strittigen Seiten technisch auch auf andere Weise verhindert werden können.
Die Klägerin klagte daraufhin auf Unterlassung und Urteilsveröffentlichung. Die Beklagten hätten vertragswidrig den vom Kaufvertrag erfassten Geschäftsbereich nicht aufgelöst. Diese würden insbesondere auf der Website der Erstbeklagten entgegen dem vertraglich vereinbarten Konkurrenzverbot nach wie vor Leistungen der Pelletier- und Briketttechnik anbieten. Auf der Website der Erstbeklagten seien nach wie vor insbesondere Fotos der Anlagen eingestellt, obwohl diese auch mitverkauft worden seien. Der Zweitbeklagte sei kurzzeitig als Geschäftsführer bei der Klägerin tätig und danach als ihr Dienstnehmer beschäftigt gewesen. Offenbar habe sich der Zweitbeklagte entschlossen, das entgegen den Vereinbarungen nicht liquidierte Unternehmen der Erstbeklagten fortzuführen.
Entscheidung:
Das Erstgericht gab dem Unterlassungsbegehren statt. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Die Erstbeklagte habe (gemeint: durch Aufrechtbleiben des Internetauftritts) im geschäftlichen Verkehr gehandelt. Ihr Verhalten falle unter den Begriff der „betrieblichen“ Tätigkeit in der Konkurrenzklausel des Kaufvertrags. Dabei habe es sich um eine wettbewerbsregelnde Vertragspflicht gehandelt, sodass schon deren Verletzung als solche Unlauterkeit begründe. Dass die beanstandeten Werbemaßnahmen objektiv geeignet seien, den Wettbewerb zum Nachteil von rechtstreuen Vertragspartnern nicht bloß unerheblich zu beeinflussen, verstehe sich „von selbst“.
Aus der Konkurrenzklausel des Kaufvertrags folgt, dass die Beklagten nicht mehr auf dem Gebiet der Pellets- und Brikettanlagentechnik tätig sein durften. Darunter fällt zwar in erster Linie eine tatsächliche Tätigkeit durch Verkauf entsprechender Erzeugnisse oder Erbringen darauf bezogener Dienstleistungen. Aus dem Zweck der Klausel, nämlich der Absicherung der Klägerin gegenüber Konkurrenztätigkeit im vom Kaufvertrag erfassten Geschäftsbereich, ergibt sich jedoch, dass redliche Parteien darunter auch das bloße Erwecken des Anscheins verstanden hätten, dass die Beklagten solche Tätigkeiten ausübten. Denn einerseits haben die Beklagten kein erkennbares Interesse an einem solchen Verhalten. Andererseits kann die Klägerin legitimerweise vom Erwecken des Anscheins auf eine tatsächliche Tätigkeit schließen. Es muss ihr daher zugestanden werden, dass sie aufgrund des Vertrags schon gegen ein solches im Vorfeld einer Konkurrenztätigkeit liegendes Verhalten vorgehen kann und nicht erst den Nachweis eines tatsächlichen Auftritts auf dem Markt erbringen muss. Die Klausel ist daher dahin auszulegen, dass die Beklagten schon jeden Anschein vermeiden mussten, weiterhin auf dem Gebiet der Pelletier- und Briketttechnik tätig zu sein. Insbesondere hatten sie dafür zu sorgen, dass ihr diesbezüglicher Internetauftritt nicht mehr zugänglich war. Diese Verpflichtung haben sie nicht erfüllt. Zwar haben sie ihrem EDV-Dienstleister entsprechende Weisungen erteilt. Sie haben aber, wie sich aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt, trotz des Hinweises der Klägerin die tatsächliche Umsetzung dieser Weisungen weder kontrolliert noch mit dem erforderlichen Nachdruck urgiert.
Die Verletzung dieser Pflichten begründet einen vertraglichen Unterlassungsanspruch gegen beide Beklagten.
Bei der Beurteilung der für einen solchen Anspruch erforderlichen Wiederholungsgefahr ist maßgebend, ob dem Verhalten der Beklagten in seiner Gesamtheit gewichtige Anhaltspunkte dafür entnommen werden können, dass sie ernstlich gewillt sind, von künftigen Störungen Abstand zu nehmen. Das ist bei einem zwiespältigen Verhalten im Prozess nicht anzunehmen. Ein solches liegt hier schon deshalb vor, weil die Beklagten im Verfahren bestritten, für die weitere Zugänglichkeit der Website verantwortlich zu sein, und der Zweitbeklagte zudem überhaupt die Auffassung vertrat, dass die Geltung der Konkurrenzklausel „zweifelhaft“ sei.
Die Beklagten haben allerdings nur den Anschein erweckt, weiterhin im strittigen Gebiet tätig zu sein; tatsächlich haben sie aber kein solches Verhalten gesetzt. Daher besteht insofern keine Wiederholungsgefahr. Das Verbot ist daher auf den tatsächlichen Verstoß – also das Erwecken des Anscheins einer Konkurrenztätigkeit – zu beschränken.
Von der Konkurrenzklausel ist auch die Verwendung der im Internetauftritt der Erstbeklagten enthaltenen Lichtbilder und technischen Zeichnungen erfasst. Eine zeitlich nicht begrenzte Unterlassungsverpflichtung anzunehmen, ist aber nicht erkennbar. Auch die Beklagten dürfen die überlassenen Bilder nach Ablauf der Konkurrenzklausel wieder nutzen. Der diesbezügliche Anspruch ist daher entsprechend zu befristen.
Die Frage nach einem lauterkeitsrechtlichen Unterlassungsanspruch stellt sich hier nicht. Denn Voraussetzung dafür wäre nach § 1 Abs 1 Z 1 UWG, dass das beanstandete Verhalten geeignet wäre, den Wettbewerb zum Nachteil von Unternehmen nicht bloß unerheblich zu beeinflussen. Im vorliegenden Fall ist aber nicht erkennbar, welchen Einfluss die bloße Zugänglichkeit der Website (bzw von Teilen davon) auf die Stellung der Klägerin im Wettbewerb haben könnte. Da die Beklagten tatsächlich keine Konkurrenztätigkeit entfaltet haben, wird dadurch keine Nachfrageverlagerung bewirkt. Ein lauterkeitsrechtlicher Unterlassungsanspruch besteht daher jedenfalls nicht. Damit entfällt aber auch die Grundlage für eine Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung iSv § 25 UWG.
Die Revision der Beklagten hat daher teilweise Erfolg. Die Entscheidung des Berufungsgerichts wurde vom OGH insofern bestätigt, als sie das Erwecken des Eindrucks einer Konkurrenztätigkeit und die Verwendung der entsprechenden Bilder und Zeichnungen aus dem Internetauftritt der Erstbeklagten untersagt, letzteres ebenfalls befristet auf die Dauer des Konkurrenzverbots.