OGH-Entscheidung vom 11.12.2024, 6 Ob 147/24x

 

Sachverhalt:

Der Kläger ist Rechtsnachfolger seines 2014 verstorbenen Vaters. Die beklagte Österreichische Notariatskammer führt das Österreichische Zentrale Testamentsregister (ÖZTR).

Im Verlassenschaftsverfahren wurde das ÖZTR abgefragt, wobei kein Testament gefunden wurde. 2022 verweigerte die Beklagte auf neuerliche Anfrage eine Auskunft über bereits gelöschte Daten, bot aber eine neue Abfrage aktueller Registrierungen an. Es steht nicht fest, ob der Vater überhaupt je ein Testament errichtet hatte.

Der Kläger begehrte vor Gericht die Erteilung der Auskunft, „ob und bejahendenfalls wann und von welchem Registrator“ im ÖZTR die Registrierung einer letztwilligen Verfügung oder sonstigen „erbrechtsbezogenen oder auf den Todesfall bezogenen Urkunde“ des Verstorbenen gelöscht wurde.

 

Entscheidung:

Das Erstgericht gab der Klage auf Auskunft über etwaige gelöschte Registrierungen statt, das Berufungsgericht wies die Klage jedoch zur Gänze ab. Der OGH wies die Revision des Klägers mangels erheblicher Rechtsfrage zurück.

Ein Auskunftsanspruch des Klägers besteht weder nach Datenschutzrecht noch nach der Notariatsordnung:

Datenschutzrechtlich gilt die DSGVO nicht für Daten Verstorbener. Zudem sind Datenschutzrechte höchstpersönliche, nicht übertragbare Rechte.

Auch nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes in § 140c Abs 3 NO und der von der Beklagten erlassenen Richtlinien für das ÖZTR bestehe keine materiell-rechtliche Grundlage für einen Auskunftsanspruch des Klägers. § 140c Abs 3 NO sieht eine Übermittlung der registrierten Daten (nur) an die Verlassenschaftsgerichte und an öffentliche Notare als Gerichtskommissäre in Verlassenschaftssachen einerseits und zu Kontrollzwecken an die Gerichte, Notare und Rechtsanwälte auf deren Verlangen hinsichtlich der von ihnen gemeldeten Daten registrierungsfähiger Urkunden andererseits vor.

Die Richtlinien sehen darüber hinaus nur Auskünfte an die Betroffenen selbst oder deren Vertreter vor. Ein Erbe ist davon nicht erfasst. Das Ersuchen des Klägers bezieht sich nicht auf „eigene“ Registrierungen, und er ist kein Vertreter.

Eine Art „Jedermanns-Befugnis“ aller Erben zur Abfrage von deaktivierten Daten ihrer Erblasser auf der Grundlage bloßer Vermutungen und mit dem Zweck einer bloßen Erkundung ist weder der Notariatsordnung noch den zum ÖZTR erlassenen Richtlinien zu entnehmen. Dies würde auch die Verschwiegenheitspflicht der Verwahrer unterlaufen.

Ein vertraglicher Auskunftsanspruch kommt mangels Feststellung, dass überhaupt ein Testament existierte, nicht in Betracht.

 

 

Link zur Entscheidung

 

Weitere Blog-Beiträge zum Thema Datenschutzrecht und Testamente:

Schreibunfähigkeit des Erblassers? Testament ungültig wenn Handzeichen in Notariatsakt möglich gewesen wären. Einhaltung der Form gehört zum objektiven Tatbestand.

Gelähmter Erblasser unterschreibt mit dem Mund. Testament gültig.

Pflegerin wirksam als Erbin eingesetzt: Standes- und Ausübungsregeln für Personenbetreuer schränken Testierfreiheit von betreuten Person nicht ein.

Akteneinsicht in Verlassenschaftsverfahren darf nicht unter Verweis auf mögliche Geschäftsgeheimnisse nach dem UWG verweigert werden

Bei Errichtung einer notariellen letztwilligen Verfügung ist keine eigenhändige Nuncupatio erforderlich

Erblasser kann nicht lesen/schreiben: Vorlesen durch Zeugen sowie Inhaltskontrolle durch alle 3 Zeugen erforderlich

Nicht handgeschriebene (fremdhämdige) Testamente auf mehreren Blättern: Bloße Textfortsetzung genügt nicht für innere Urkundeneinheit.

Formgültigkeit eines Testaments: Äußere Urkundeneinheit kann auch im unmittelbaren Anschluss hergestellt werden

EuGH: Entschuldigung kann angemessener Ersatz eines immateriellen Schadens bei DSGVO-Verletzung sein.

EuGH: Meta (Facebook) muss Grundsatz der Datenminimierung einhalten. Keine zeitlich unbegrenzte und unterschiedslose Verarbeitung personenbezogener Daten für Werbung.

Sparkassen-Mitarbeiter greift mehrmals unbefugt auf personenbezogene Daten eines Kunden zu. EuGH: Aufsichtsbehörde muss nicht bei jedem Verstoß Abhilfemaßnahme ergreifen oder Geldbuße verhängen.

DSGVO gewährt Patienten das Recht auf eine kostenlose Erstkopie ihrer Krankengeschichte

EuGH: Verbandsklagen bei Datenschutzverstößen möglich, wenn bei Datenverarbeitung DSGVO-Informationspflichten verletzt wurden.