OLG Wien-Entscheidung vom 3.5.2023, 33 R 133/22d

 

Sachverhalt:

Die Antragsgegnerin (Schlumberger) ist Inhaberin der Wortmarke SPARKLING, angemeldet im Jahr 1983, geschützt für Schaumweine und Sekt in Klasse 33.

Die Antragstellerin beantragte die Löschung der Marke mit der Begründung, das Zeichen sei von der Registrierung ausgeschlossen, weil ihm jede Unterscheidungskraft fehle; es sei beschreibend und keine Herkunftsbezeichnung. Sowohl Sekt als auch Schaumwein würden auf Englisch als „Sparkling Wine“ bezeichnet. Bezogen auf den Zeitpunkt der Markenanmeldung am 9.9.1983 hätte SPARKLING nicht eingetragen werden dürfen. Zum maßgeblichen Zeitpunkt sei dieser Begriff von den beteiligten Verkehrskreisen im Zusammenhang mit Sekt- und Schaumweingetränken mit „prickelnd“ und/oder „kohlensäurehaltig“ übersetzt worden, und er werde nach wie vor so übersetzt und verstanden. Die Markeninhaberin habe das Zeichen weder jetzt noch in der Vergangenheit in Alleinstellung verwendet. Den Marktteilnehmern stehe kein gleichwertiger Alternativbegriff zur Verfügung; es bestehe daher ein Freihaltebedürfnis.

Die Nichtigkeitsabteilung des Patentamts beschloss, vorerst über die originäre Schützbarkeit des Zeichens abzusprechen, und sprach aus, dass die angefochtene Marke im Prioritätszeitpunkt nicht originär schützbar gewesen sei. Nach Rechtskraft dieses Beschlusses werde das Verfahren zur Prüfung darüber fortgesetzt, ob das Zeichen die Unterscheidungskraft durch Benutzung erworben habe.

 

Entscheidung:

Das OLG Wien gab der Berufung der Markeninhaberin nicht Folge.

Entscheidend sei, was die beteiligten Verkehrskreise im Jahr 1983 unter „SPARKLING“ verstanden haben, und ob sie diesem Wort einen die Kennzeichenfunktion ausschließenden Sinngehalt zugeordnet haben. Das Berufungsgericht bezweifelte nicht, dass der Großteil der österreichischen Bevölkerung im Jahr 1983 grundsätzlich englischsprachige Begriffe in ihrer Bedeutung verstanden haben, insbesondere wenn es sich – so wie hier – um einen einfachen, leicht verständlichen Begriff gehandelt hat.

Fremdsprachige Begriffe sind im Allgemeinen so zu behandeln wie deutschsprachige. Unterscheidungskraft haben bei Wortmarken grundsätzlich nur frei erfundene, keiner Sprache angehörende Phantasiewörter (im engeren Sinn) oder Zeichen, die zwar dem allgemeinen Sprachgebrauch angehören, jedoch mit der Ware, für die sie bestimmt sind, in keinem Zusammenhang stehen (Phantasiewörter im weiteren Sinn). Entscheidend ist, ob die Worte im Verkehr als Phantasiebezeichnungen aufgefasst werden.

Die Nichtigkeitsabteilung beurteilte die hier aufgeworfene Frage zutreffend als Rechtsfrage, weil die allgemeine Verständnisfähigkeit grundsätzlich nicht durch demoskopische Ermittlungen, sondern durch das gerichtliche Erfahrungswissen bestimmt wird.

Auch das Berufungsgericht ging davon aus, dass sowohl der (Fach-)Handel, als auch die Endverbraucher bereits im Jahr 1983 den Begriff SPARKLING als beschreibende Angabe gekannt, erkannt und verstanden haben. Es handelt sich – auch bezogen auf den Prioritätszeitpunkt – für die Waren Schaumweine, Sekt nicht um ein wenig geläufiges Wort. Englisch war auch im Jahr 1983 die wichtigste Handelssprache in Österreich und die geläufigste Fremdsprache

Im Ergebnis teilte das Berufungsgericht die Rechtsansicht der Nichtigkeitsabteilung, dass SPARKLING für die Waren „Schaumweine, Sekt“ in der Klasse 33 bereits zum Zeitpunkt der Anmeldung eine beschreibende Angabe der Beschaffenheit, jedenfalls nicht originär unterscheidungskräftig war und auch so aufgefasst wurde. Allein der Umstand, dass die so bezeichneten Waren immer kohlensäurehaltig/prickelnd/perlend sind, löste und löst – wegen der Redundanz – keinen Nachdenk- oder Interpretationsprozess aus. Die Verwendung eines eigentlich überflüssigen, für die Information zur Beschaffenheit von Sekt und Schaumweinen nicht notwendigen Merkmals wird auch dazu verwendet, das beschriebene Merkmal hervorzuheben. Dies gilt vor allem dann, wenn es eine typische Eigenschaft der so beschriebenen Ware betrifft. SPARKLING ist auch im Jahr 1983 nicht geeignet gewesen, die Hauptfunktion einer Marke zu erfüllen, nämlich die Zuordnung zu einem Markeninhaber (Herkunftsfunktion), zumal im Interesse des Export- und Importhandels auch eine Freihaltebedürfnis in Bezug auf SPARKLING anzunehmen war und ist.

(Der OGH hat die außerordentliche Revision gegen diese Entscheidung am 4.4.2024 zurückgewiesen.)

 

 

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