OGH-Entscheidung vom 11.3.2024, 15 Os 12/24i

 

Sachverhalt:

Auf einer Facebook-Seite war ein Posting abrufbar, das den Tatbestand der üblen Nachrede nach § 111 StGB erfüllte. Der Antragsteller begehrte die Einziehung durch Löschung dieser Stellen der Website gemäß § 33 Abs 2 MedienG und die Urteilsveröffentlichung gemäß § 34 Abs 3 MedienG sowie die Anordnung der Veröffentlichung einer Mitteilung über das eingeleitete Verfahren gemäß § 37 Abs 1 MedienG.

Das Erstgericht wies alle Anträge zurück. Das Beschwerdegericht hob den angefochtenen Beschluss auf. Dabei stellte es klar, dass das Verstreichen eines längeren Zeitraums der Anordnung der Veröffentlichung einer Mitteilung über das eingeleitete Verfahren nicht entgegenstehe, und führte überdies rechtlich aus, ein Vorgehen nach § 37 Abs 1 MedienG in zeitlicher Hinsicht lediglich durch die Verjährung der Strafbarkeit des Medieninhaltsdelikts begrenzt wäre.

 

Entscheidung:

Die Generalprokuratur erhob gegen den Beschluss des Beschwerdegerichts Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes. Der OGH entschied, dass die Rechtsansicht des Beschwerdegerichts nicht mit dem Gesetz im Einklang steht.

Gemäß § 37 Abs 1 MedienG hat das Gericht auf Antrag des Antragstellers in einem selbständigen Verfahren mit Beschluss die Veröffentlichung einer kurzen Mitteilung über das eingeleitete Verfahren anzuordnen, wenn anzunehmen ist, dass der objektive Tatbestand eines Medieninhaltsdelikts hergestellt wurde.

  • 34 Abs 3 MedienG sieht seit dem HiNBG (Hass-im-Netz-Bekämpfungs-Gesetz) die Urteilsveröffentlichung in einem selbständigen Verfahren vor, wenn in einem Medium der objektive Tatbestand einer strafbaren Handlung hergestellt wurde und die Verfolgung einer bestimmten Person nicht durchführbar ist, nicht beantragt oder nicht aufrechterhalten wird oder die Verurteilung aus Gründen nicht möglich ist, die eine Bestrafung ausschließen, etwa weil die Strafbarkeit der Tat verjährt ist. Damit wurde vom Gesetzgeber klargestellt, dass eine Urteilsveröffentlichung (wie auch eine Einziehung) im selbständigen Verfahren und daher auch eine Veröffentlichung einer Mitteilung gemäß § 37 Abs 1 MedienG selbst dann noch möglich ist, wenn die Strafbarkeit des Medieninhaltsdelikts nach § 32 MedienG oder allgemeinen Bestimmungen verjährt ist.

 

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