OGH-Entscheidung vom 25.4.2023, 4 Ob 64/23z

 

Sachverhalt:

Die Klägerin ist Medieninhaberin einer Tageszeitung. Die Beklagte ist Medieninhaberin einer Website mit tagesaktuellen Nachrichten (Website einer Tageszeitung). Die Klägerin und die Muttergesellschaft der Beklagten sind Mitglieder des Vereins „Arbeitsgemeinschaft Media-Analysen“.

Ab der Media Analyse für 2020/21 hatte der Verein im Vergleich zu den vorangegangenen Zeiträumen seine Erhebungsmethode geändert. Folglich wurden die Mitglieder in den Richtlinien aufgefordert, dass die Daten der MA 2020/21 wegen einer Änderung der Erhebungsmethode nicht mit jenen aus vorhergehenden Jahren verglichen werden dürfen.

Die Beklagte veröffentlichte daraufhin den folgenden Artikel, in dem sie mit Leser-Zugewinnen der Printausgabe (der Muttergesellschaft) in deren Sonntagsausgabe warb:

Im Hinblick auf die Tageszeitung wurde darauf hingewiesen, dass die Werte aufgrund der geänderten Erhebungsmethode nicht vergleichbar seien.

Der Artikel hatte der Verein zuerst über Anfrage der Beklagten irrtümlich freigegeben. Nach einem Widerruf des Vereins nahm die Beklagte den Beitrag offline.

Die Klägerin sah in diesem Artikel eine unlautere Irreführung und klagte u.a. auf Unterlassung. Die Leser würden annehmen, dass die Zahlen für die Sonntagszeitung vergleichbar mit den Vorjahreszahlen seien.

 

Entscheidung:

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung zum größten Teil. Der OGH wies die außerordentliche Revision der Beklagten zurück.

Der OGH wies darauf hin, dass sich der gegen die Beklagte gerichtete Unlauterkeitsvorwurf nicht aus einer Verletzung der beruflichen Sorgfalt ableitet, sondern aus einer Irreführung im Sinn des § 2 UWG. Beim diesem Irreführungstatbestand ist allgemein zu prüfen, wie ein Durchschnittsadressat die strittige Ankündigung versteht, ob dieses Verständnis den Tatsachen entspricht, und ob eine nach diesem Kriterium unrichtige Angabe geeignet ist, ihn zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er sonst nicht getroffen hätte. Dabei kommt es nur auf die objektive Unrichtigkeit der Aussage an, nicht aber auf eine Verletzung beruflicher Sorgfalt, daher kam es auf die näheren Umstände der Freigabe durch den Verein nicht an.

Da die Beklagte nur auf die mangelnde Vergleichbarkeit der Vorjahrsdaten für die tägliche Ausgabe hinwies, konnte durch die Hervorhebung des Leserzuwachses der Sonntagsausgabe beim Durchschnittsadressaten der Eindruck erweckt werden, dass die Daten zur Sonntagsausgabe schon mit dem Vorjahr vergleichbar seien. Dies sei aber unrichtig.

 

Link zur Entscheidung

 

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