OGH-Entscheidung vom 28.3.2023, 4 Ob 46/23b

 

Sachverhalt:

Die Klägerin und die Beklagte sind jeweils Medieninhaberinnen von Tageszeitungen. Die Beklagte veröffentlichte anlässlich der Neugestaltung ihrer Wochenendausgabe eine zweiseitige Eigenwerbung. Darin fand sich der Absatz: „In der Mitte zum Herausnehmen gibt es die eigene Sport-Zeitung fürs Wochenende. Mit allen Tabellen und Ergebnissen, den spannendsten Storys und Kommentatoren“. In diesem Sportteil fanden sich schließlich aktuelle Ergebnisse, Berichte sowie Analysen, Interviews und Kommentare zu Sportereignissen. Es waren aber nicht sämtliche Sportarten, Ligen und Länder weltweit abgedeckt.

Die Klägerin sah darin eine Irreführung, weil nicht über sämtliche Sportarten, Ligen und Länder weltweit berichtet wurde. Sie beantragte die Erlassung einer einstweiligen Verfügung und klagte auf Unterlassung.

 

Entscheidung:

Die Vorinstanzen wiesen den Sicherungsantrag ab. Der Durchschnittsadressat erwarte sich von der Beklagten keine vollständige Berichterstattung über sämtliche Ergebnisse von Sportwettbewerben aller Disziplinen weltweit. Vielmehr verstehe er den Tatsachenkern der klar marktschreierischen Behauptung als Hinweis auf eine ausführliche Sportberichterstattung, die auch tatsächlich angeboten wurde.

Der OGH wies den dagegen gerichteten außerordentlichen Revisionsrekurs der Klägerin zurück. Die Klägerin argumentierte, dass der Durchschnittsadressat bei bloß flüchtiger Aufmerksamkeit sehr wohl eine vollständige Berichterstattung über alle Sportereignisse weltweit erwarte. Nach Ansicht des OGH ist bei Prüfung der Irreführungseignung (iSd § 2 UWG) zwar jener Eindruck maßgeblich, der sich bei auch nur flüchtigem Lesen für den Durchschnittsinteressenten ergibt, wobei der Ankündigende bei Mehrdeutigkeit der Ankündigung auch die für ihn ungünstigste Auslegung gegen sich gelten lassen muss. Jedoch kennt die Rechtsprechung auch marktschreierische Anpreisungen, die von niemandem ernst genommen werden. Voraussetzung ist, dass das Publikum sofort erkennt, dass sie nicht ernst gemeint ist. Die Vorinstanzen kamen zum Ergebnis, dass kein Leser sich nach Lektüre des Fließtextes erwarte, die Ergebnisse sämtlicher Wettbewerbe aller denkbaren Sportdisziplinen weltweit würden in der wenige Seiten starken Beilage einer Tageszeitung Raum finden. Die Beklagte würde sich mit ihrer Ankündigung auch nicht an bestimmte (Sport-)Fachkreise wenden, sodass es auf deren Verkehrsauffassung ankommen würde. Im vorliegenden Fall spricht die Beklagte bewirbt die Beklagte nämlich nicht ein Sportmagazin, sondern eine Tageszeitung, die unter anderem eine Sportbeilage enthält. Es blieb daher bei der Abweisung des Sicherungsantrags.

 

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