OGH-Entscheidung vom 7.4.2020, 4 Ob 47/20w

 

Sachverhalt:

Die Tageszeitung „Österreich“ wurde bis vor kurzem überwiegend gratis abgegeben und nur zum Teil verkauft. Seit Ende Juni 2018 heißt nur noch die Kaufausgabe „Österreich‟, die Gratisausgabe heißt nunmehr „oe24“. Die Umbenennung der Gratiszeitung auf „oe24“ führte dazu, dass beide Printausgaben in der Media-Analyse als „Österreich/oe24-Kombi“ aufscheinen und auch jene Personen erfasst werden, die ausschließlich die Onlineversion lesen. Der Leserzuwachs, mit dem die Beklagte gegenständlich wirbt, ist dabei zumindest zu einem großen Teil durch diesen Umstand zustande gekommen.

Die Medieninhaberin beider Varianten veröffentlichte in „Österreich“ und „oe24“ folgende Eigenwerbung:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Klägerin ist Medieninhaberin der Gratistageszeitung „Heute“; sie erachtete die Eigenwerbung der Beklagten als irreführend und klagte auf Unterlassung.

 

Entscheidung:

Das Berufungsgericht untersagte der Beklagten, das Publikum über Mediadaten der Tageszeitung „Österreich“ dadurch zu täuschen, dass nicht Vergleichbares miteinander in Beziehung gesetzt wird. Etwa, dass für einen Mediadatenvergleich zwischen der Tageszeitung „Österreich“ und anderen Tageszeitungen für die Jahre 2017 und 2018 ein Produkt herangezogen wird, das 2017 in der Mediadatenerhebung noch gar nicht ausgewiesen war.

Der OGH wies die außerordentliche Revision der Beklagten zurück. Aus der Begründung:

Im Rahmen der lauterkeitsrechtlichen Beurteilung richtet sich der Bedeutungsinhalt einer Äußerung nach dem Gesamtzusammenhang und dem dadurch vermittelten Gesamteindruck, den ein aufmerksamer Durchschnittsadressat gewinnt. Bei einer blickfangartigen Aussage bedarf es zur Vermeidung eines irreführenden Gesamteindrucks eines deutlich wahrnehmbaren Hinweises über einschränkende Umstände.

Unvollständige Angaben verstoßen gegen § 2 UWG, wenn durch das Verschweigen wesentlicher Umstände ein falscher Gesamteindruck hervorgerufen wird, so dass die Unvollständigkeit geeignet ist, das Publikum in für den Kaufentschluss erheblicher Weise irrezuführen und so geeignet ist, die Adressaten der Werbung zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die sie sonst nicht getroffen hätten; dies gilt auch dann, wenn die beanstandete Aussage bei isolierter Betrachtung wahr ist.

Der OGH bestätigte die Beurteilung des Berufungsgerichts, wonach die Beklagte nach dem maßgebenden Gesamteindruck der beanstandeten Werbung über die Reichweite ihrer Zeitungen iSd § 2 UWG in die Irre führt. Dem Leser wurde die Information verschwiegen, dass der Leserzuwachs zu einem großen Teil durch die erstmals erfolgende Mitzählung von bis dahin nur die Online-Ausgabe lesenden Personen zustande kam. Verschwiegen wird damit, dass der beworbene Vergleich gerade keine signifikante Reichweitensteigerung im Sinne des Gewinnens neuer Leserschichten gegenüber der Vorperiode abbildet.