OLG Wien-Entscheidung vom 15.5.2025, 31 Bs 280/24i
Sachverhalt:
Eine Verwertungsgesellschaft brachte eine Privatanklage gegen die Geschäftsführerin zweier Diskotheken wegen mehrfacher unbefugter öffentlicher Wiedergabe urheberrechtlich geschützter Musik (§ 91 UrhG) ein. Die Anklagepunkte bezogen sich auf mehrere Vorfälle zwischen September 2023 und Juni 2024, bei denen geschützte Musikstücke vor unterschiedlich großen Besuchergruppen gespielt wurden. Die Musik wurde dabei über DJ-Auftritte mechanisch wiedergegeben (also über Tonträger oder digitale Systeme abgespielt).
Entscheidung:
Das Landesgericht für Strafsachen Wien sprach die Angeklagte frei, da nicht nachgewiesen werden konnte, dass sie die unerlaubten Musikaufführungen durch ihre Mitarbeiter nicht verhindert hatte. Das Erstgericht ließ offen, ob es sich tatsächlich um geschützte Werke handelte, nahm jedoch an, dass der Angeklagten kein schuldhaftes Verhalten zur Last gelegt werden könne. Sie habe glaubhaft erklärt, DJs seien angewiesen worden, nur eigene Produktionen oder „nicht geschützte“ Remixe zu spielen. Diese Aussagen seien durch einen Zeugen, der für die DJ-Auswahl verantwortlich war, gestützt worden. Ein aktives Unterlassen im Sinne der Tat sei demnach nicht nachweisbar.
Das OLG Wien gab der Berufung der Privatanklägerin in Bezug auf die Schuldfrage statt, hob das Urteil auf und verwies die Sache zur neuerlichen Verhandlung an das Erstgericht zurück.
Das Erstgericht habe nicht ausreichend ermittelt, ob die DJs Mitglieder der Privatanklägerin (Verwertungsgesellschaft) seien bzw ob die gespielten Werke vom Schutzbereich umfasst waren. Insbesondere wurde unterlassen, die konkreten DJs zu identifizieren oder Vertragsunterlagen beizuziehen.
Trotz Kenntnis der Anklage und eines bestehenden Musikaufführungsverbots sei es weiterhin zu Aufführungen gekommen. Dies werfe Fragen auf, ob die Angeklagte tatsächlich geeignete Maßnahmen zur Verhinderung weiterer Urheberrechtsverletzungen getroffen habe.
Die Angeklagte gab selbst an, befürchtet zu haben, dass „verbotene Musik“ gespielt werde, ohne jedoch nachvollziehbare Maßnahmen gesetzt zu haben, um dies zu verhindern. Das hätte vom Erstgericht berücksichtigt werden müssen.
Auch sogenannte Remixe oder Bearbeitungen können unter das Urheberrecht fallen, selbst wenn keine Originale gespielt werden. Ob eine Verwertung erlaubt ist, hängt davon ab, ob entsprechende Rechte eingeholt wurden.
Warum die Angeklagte in der Vergangenheit überhaupt einen Vertrag mit der Verwertungsgesellschaft abgeschlossen hatte, obwohl sie angeblich nur Eigenproduktionen spielen ließ, wurde nicht hinterfragt.
Das OLG sah das Verfahren als nicht entscheidungsreif an. Aufgrund der bestehenden Unklarheiten und der unzureichenden Tatsachenfeststellungen war eine Aufhebung des Freispruchs und eine neue Verhandlung geboten. Die neue Verhandlung muss diese offenen Fragen klären und insbesondere die konkreten Maßnahmen der Angeklagten zur Verhinderung unerlaubter Musikaufführungen prüfen.
Das OLG Wien bekräftigt mit dieser Entscheidung die hohen Anforderungen an die Sorgfaltspflichten von Veranstaltern, wenn es um die öffentliche Wiedergabe von Musik geht. Wer Musik darbietet oder darbieten lässt, trägt die Verantwortung für die Einhaltung der urheberrechtlichen Lizenzbedingungen.
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