OGH-Entscheidung vom 4.4.2024, 4 Ob 58/24v
Sachverhalt:
Die Streitparteien sind im Bereich der Brandschutztechnik tätig. Sie kooperierten in den Jahren 2008 bis 2016, sind mittlerweile aber Konkurrenten.
Die Klägerin beanstandete die unberechtigte Verwendung von Fotos durch die Beklagten. Die Klägerin brachte dazu vor, dass die Beklagte ihre Fotos retuschiert habe und diese auf ihrer Website ohne Hinweis auf die Herkunft der Fotos verwende. Die Zeichen (bzw das Design und die Firmenhinweise) der Klägerin seien dabei entfernt und durch Zeichen der Beklagten ersetzt worden:
Die Klägerin machte mehrere Unterlassungsansprüche geltend, erhob eine Stufenklage auf Rechnungslegung und Leistung und stellte ein Begehren auf Urteilsveröffentlichung. Aufgrund der unerlaubten Nutzung stehe der Klägerin auch ein angemessenes Entgelt nach § 86 UrhG zu, das nach § 87 Abs 3 UrhG zu verdoppeln sei. Für die Berechnung sei die Empfehlung der Bundesinnung für Berufsfotografen heranzuziehen.
Entscheidung:
Nachdem die Vorinstanzen über den Großteil der geltend gemachten Ansprüche bereits rechtskräftig entschieden hatten war vor dem OGH nur noch die Höhe der Entschädigung strittig.
Das Erstgericht war zu der Ansicht gelangt, dass die Zugrundelegung der Honorarrichtlinien der Bundesinnung für Berufsfotografen nicht gerechtfertigt sei. Unter Anwendung des § 273 ZPO (Ermessensentscheidung des Gerichts) sei für die Veröffentlichung von drei Fotos durch etwas mehr als drei Jahre ein Honorar von EUR 500 pro Foto, somit EUR 1.500 für drei Fotos angemessen. Dieser Betrag sei wegen des schuldhaften Handelns der Beklagten nach § 87 Abs 3 UrhG zu verdoppeln.
Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung und bejahte die Anwendung von § 273 ZPO. Die Höhe des vom Erstgericht zugesprochenen Entgelts erscheine angemessen.
Der OGH gab der Revision der Klägerin nicht Folge. Für immaterialgüterrechtliche Ansprüche auf angemessenes Entgelt habe als Maßstab das zu gelten, was für den erlangten Vorteil sonst auf dem Markt hätte aufgewendet werden müssen. Die dem in seinem Recht Verletzten herauszugebende Bereicherung besteht nach ständiger Rechtsprechung in dem angemessenen Entgelt, das der Benutzer für die Gestattung der Nutzung hätte bezahlen müssen, also das marktgerechte, im Geschäftsverkehr für vergleichbare Nutzungen übliche Lizenzentgelt. Es ist damit von jenem Entgelt auszugehen, das für die Erteilung gleichartiger, im Voraus eingeholter Bewilligungen üblicherweise verlangt und gezahlt wird. Der Verletzer ist grundsätzlich nicht besser, aber auch nicht schlechter zu stellen als ein vertraglicher Lizenznehmer.
Die Klägerin argumentierte, dass bei der Ermittlung der Höhe des Entgelts die Anwendung des § 273 ZPO ausgeschlossen sei, wenn sich der Wert des erfolgten Nutzens anhand von Anhaltspunkten berechnen lasse. Wurde vom Erstgericht zu Unrecht die Anwendbarkeit des § 273 ZPO bejaht oder verneint, muss dies mit Mängelrüge bekämpft werden. Hat das Berufungsgericht verneint, dass das Erstgericht zu Unrecht § 273 ZPO anwendete, kommt eine Anfechtung in diesem Punkt in der Revision als vermeintlicher Verfahrensmangel nicht mehr in Betracht. Hingegen ist die Bemessung des angemessenen Entgelts im Wege des § 273 ZPO eine Frage der rechtlichen Beurteilung und damit mit Revision anfechtbar.
Die Klägerin konnte jedoch nicht nachvollziehbar darlegen, dass das am Markt für die Fotos erzielbare Lizenzentgelt den von den Vorinstanzen zugesprochenen Betrag übersteigen würde.
Bei Eingriffen in die Rechte eines Berufsfotografen kann zwar die Empfehlung der Bundesinnung der Fotografen als Maßstab für das angemessene Entgelt herangezogen werden, daraus ist aber nicht abzuleiten, dass bei Verletzung von Rechten über Lichtbilder – unabhängig von der fotografierenden Person – auf diese Empfehlungen stets und pauschal zurückgegriffen werden kann.
Auch der deutsche BGH hat bereits entschieden, dass die Empfehlungen der Mittelstandsgemeinschaft Fotomarketing bei einer Fotografie, die nicht von einem professionellen Marktteilnehmer hergestellt wurde, nicht heranzuziehen sind (
Daran schloss sich auch der OGH an, zumal es sich bei den Empfehlungen der Bundesinnung um Honorare im Fotografengewerbe handelte. Die gegenständlichen Fotos wurden aber nicht von einem gewerblichen Fotografen erstellt. Vernünftige Marktteilnehmer hätten für die klagsgegenständlichen Bilder nicht die bei Berufsfotografen üblichen Honorarsätze vereinbart. Die Klägerin wäre daher durch den von ihr begehrten (höheren) Betrag bessergestellt, als sie bei einer Absprache über die Nutzung der Bilder stünde.
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