OGH-Entscheidung vom 26.11.2020, 4Ob 187/20h

 

Sachverhalt:

Die Klägerin nahm im September 2010 an einem Architektenwettbewerb für ein Bauprojekt teil und gewann dabei. Dafür erhielt sie eine Aufwandsentschädigung von EUR 5.000.

Die Ausschreibungsunterlagen sahen vor, dass das sachliche Eigentum an den Plänen, Modellen und sonstigen Ausarbeitungen der Wettbewerbsarbeiten durch die Bezahlung der Aufwandsentschädigung an den Auslober/Auftraggeber übergeht. Das geistige Eigentum (Urheberrecht) an den Wettbewerbsbeiträgen verbleibe bei den Verfassern. Das Verfügungsrecht werde im Einzelfall vertraglich geregelt.

In weiterer Folge wurde das Bauprojekt an die Beklagte verkauft. Die Beklagte erkannte im Siegerentwurf der Klägerin eine gute Grundlage für die Umsetzung ihres Konzepts. Die Klägerin erbrachte aufgrund von Gesprächen mit der Beklagten im folglich diverse Planungsleistungen. Eine ausdrückliche Beauftragung dazu erfolgte nicht. Die Klägerin wurde auch nicht mit der Einreichplanung oder der Generalplanung beauftragt.

Das von der Beklagten umgesetzte Bauprojekt wies schließlich entscheidende Merkmale des Siegerentwurfs der Klägerin auf. Durch die von der Klägerin vorgenommene Überarbeitung hatte sich die Beklagte einen Teil der notwendigen Planungsentwicklung erspart. Ausgehend von den Herstellungskosten ergab sich dafür ein angemessenes Entgelt von ca. EUR 28.000 netto. Für die gesamte Wettbewerbsplanung der Klägerin (im Sinn eines Vorentwurfs) ergab sich ein angemessenes Entgelt von ca. EUR 75.000 netto.

Die Klägerin begehrte vor Gericht die Zahlung von 279.979,92 EUR netto sA. Die Beklagte habe bei ihr zahlreiche Planungsleistungen abgerufen, um darauf aufbauend ein einreichfähiges Projekt zu erhalten. Obwohl die Beklagte diese Planungsleistungen übernommen habe, habe sie sich geweigert, dafür ein Honorar zu zahlen. Aus diesem Grund begehre sie einen nach der Vereinbarung zustehenden Werklohn, weil (im Hinblick auf die Einreichplanung) von einem schlüssigen Werkvertrag auszugehen sei. Dieser Werklohn ergebe sich aus den von ihr erbrachten Leistungen zuzüglich der Differenz zwischen dem für die weiteren (nicht erbrachten) Leistungen vereinbarten Werklohn und den ersparten Aufwendungen. Ohne Annahme eines Vertragsverhältnisses stehe ihr der geltend gemachte Betrag als angemessenes Entgelt im Sinn des § 86 Abs 1 UrhG zu. Zudem sei das angemessene Entgelt nach § 87 Abs 3 UrhG zu verdoppeln, woraus sich der Klagsbetrag ergäbe. Sie habe auch einen Anspruch auf Herausgabe des von der Beklagten erzielten Gewinns und Zahlung von ideellem Schadenersatz. Der Klagsbetrag gebühre ihr auch als Verwendungsanspruch, weil die Beklagte ihre Leistungen praktisch zur Gänze übernommen habe.

 

Entscheidung:

Das Erstgericht gab der Klage mit 90.035,57 EUR sA statt. Das Berufungsgericht änderte die angefochtene Entscheidung im Zinsenbegehren teilweise ab, bestätigte darüber hinaus die Abweisung des Klagebegehrens im Betrag von weiteren 125.120,78 EUR sA und hob das Ersturteil im Umfang von 6.308,87 EUR sA auf. Gegen den abweisenden Teil der Entscheidung des Berufungsgerichts im Betrag von weiteren 125.120,78 EUR sA richtet sich die Revision der Klägerin.

Der OGH fasste in seiner Entscheidung zunächst zusammen, dass die Klägerin zwei Kategorien von Ansprüchen geltend macht, und zwar

(a) Entgelt für erbrachte Planungsleistungen (Überarbeitung des Siegerentwurfs) und

(b) Entgelt für die Ausnützung der Wettbewerbsplanung durch die Beklagte.

Das Erstgericht hat der Klägerin zu (a) für erbrachte Planungsleistungen (Überarbeitung des Siegerentwurfs) 27.902,78 EUR zugesprochen; dazu ging es von einem schlüssigen Werkvertrag zwischen den Streitteilen aus; und zu (b) für die Ausnützung der Wettbewerbsplanung 62.132,79 EUR als angemessenes Entgelt; dies sei der Vorteil aus der Nutzung des Ideenguts der Klägerin.

Dieser Zuspruch im Gesamtbetrag von 90.035,57 EUR (netto) erwuchs in Rechtskraft.

In der Berufung bekämpfte die Klägerin die Abweisung von EUR 131.429,65 EUR. Dieser Betrag ergab sich 1. aus erbrachten Planungsleistungen in Höhe des Doppelten des angemessenen Entgelts, 2. für die Ausnützung der Wettbewerbsplanung das Doppelte des angemessenen Entgelts, 3. ideeller Schadenersatz von 15.000 EUR jedoch minus Zuspruch von 90.035,57 EUR.

Der OGH kam hier zu dem Ergebnis, dass die Klägerin Abweisung des Mehrbetrags aus der Überarbeitung des Siegerentwurfs nicht mehr bekämpfen könne, da der Abweisung in der Berufung nicht entgegengetreten wurde. Außerdem habe die Klägerin verkannt, dass das Duplum im Sinn der §§ 86, 87 UrhG allenfalls für die unzulässige Verwertung einer Planung im Rahmen der tatsächlichen Bauausführung zustehen kann, nicht aber zur Abgeltung der im Rahmen eines Werkvertrags vereinbarten Leistungen.

Zum geltend gemachten Anspruch auf das Entgelt für die Ausnützung der Wettbewerbsplanung entsprach das Klagebegehren nicht dem Bestimmtheitsgebot des § 226 ZPO (war also unschlüssig). Immaterialgüterrechtliche Ansprüche auf das angemessene Entgelt (§ 86 UrhG) bzw auf das Duplum (§ 87 Abs 3 UrhG) haben nach ständiger Rechtsprechung eine bereicherungsrechtliche Grundlage. Die Höhe der Vergütung richtet sich nach dem Wert der Nutzung des Werks, also nach dem angemessenen Entgelt für eine Werknutzungsbewilligung aus der Sicht redlicher Parteien. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist das angemessene Entgelt im Sinn des § 86 UrhG aber nicht die Summe aus den tatsächlich erbrachten Planungsleistungen und dem entgangenen Gewinn aus einem von der Beklagten nicht erfüllten Werkvertrag über die Einreichplanung. Insgesamt waren die urheberrechtlichen Entgelt- und Entschädigungsansprüche nicht schlüssig dargelegt.

Zusammenfassend konnte die Klägerin keine entscheidungsrelevanten erheblichen Rechtsfragen aufzeigen. Die Revision wurde daher vom OGH zurückgewiesen.