OLG Wien-Entscheidung vom 17.10.2024, 33 R 88/24i
Sachverhalt:
Die Klägerin ist Inhaberin der 1966 registrierten Wortbildmarke „PIXI“. Sie verlegt unter anderem die allgemein bekannten Kinderbücher der Reihe „PIXI“. Anderen Unternehmen bietet sie „Industrie-PIXIS“ an, die diese Bücher zu Werbezwecken verschenken oder verkaufen. Die Klägerin erteilt die Berechtigung zur Nutzung ihrer Marke nur im Rahmen einer Kooperation für „Industrie-PIXIS“. Dabei beträgt die Mindestauflage 30.000 Exemplare, die die Klägerin mit einer Marge von EUR 12.503,37 verkauft.
Die Beklagte betreibt ein Hotel. Über einen Webshop vertreibt sie ihr „hauseigenes“ Kinderbuch „Sunny Bunny’s Abenteuer“, das den „PIXI“-Büchern gleicht. Das Zeichen „PIXI“ ist nicht darauf angebracht, aber im Internet und diversen Werbemaßnahmen wurde das Buch als „Sunny Bunny Pixi“-Buch bezeichnet.
Seit 2005 hat die Beklagte zumindest neun Auflagen an „Sunny Bunny“ Büchern mit jeweils 10.000 Stück vertrieben, wobei sie den größten Teil an Hotelgäste verschenkt hat. Von 2018 bis 2021 hat die Beklagte 1.223 Bücher mit einem Umsatz von EUR 1.466,53 verkauft.
Die Klägerin begehrt die Zahlung von angemessenem Entgelt und Schadenersatz.
Entscheidung:
Das Erstgericht gab der Klage statt. Die Berufung der Beklagten, die sich nur mehr gegen die Bemessung des angemessenen Entgelts und des Schadenersatzes wandte, hatte keinen Erfolg.
Gemäß § 53 Abs 1 MSchG gebührt dem Verletzten ein angemessenes Entgelt für die unbefugte Nutzung seiner Marke. Bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz kann der Verletzte nach § 53 Abs 3 MSchG unabhängig vom Nachweis eines konkreten Schadens das Doppelte des angemessenen Entgelts als pauschalierten Schadenersatz begehren.
Bei der Bemessung einer angemessenen Lizenzgebühr sind jene Grundsätze heranzuziehen, die für die Berechnung einer vertraglichen Lizenzgebühr entwickelt wurden. Der Zweck der Bestimmung ist, die ungerechtfertigte Vermögensverschiebung rückgängig zu machen. Daher besteht ein Anspruch nur, wenn und soweit ein nicht Berechtigter Vorteile aus der Sache gezogen hat. Im Gegenzug soll der Rechteinhaber so gestellt werden, als hätte mit dem Verletzer ein Entgelt vereinbart. Der Verletzer ist nicht schlechter und nicht besser zu stellen als ein vertraglicher Lizenznehmer. Für die Höhe des angemessenen Entgelts ist der Rechteinhaber behauptungs- und beweispflichtig.
Das Erstgericht hatte für die Berechnung des angemessenen Entgelts die Marge von EUR 12.503,37 herangezogen, die die Klägerin beim Verkauf von „Industrie-Pixi-Büchern“ erzielt. Die Beklagte argumentierte, dass sich die Bemessung des angemessenen Entgelts an der Lizenzgebühr für die 30.000 Mindestauflage zu orientieren habe, die auf die tatsächliche Nutzung durch die Beklagte im Ausmaß von 1.223 Exemplaren herunterzurechnen sei. Das Berufungsgericht stimmte dem nicht zu. Außerdem wurden die Bücher hauptsächlich verschenkt, daher waren die Verkaufszahlen allein für die Beurteilung der Nutzung der Marke nicht aussagekräftig. Seit 2005 wurden zumindest 90.000 Exemplare des Buchs aufgelegt, also deutlich mehr als im Rahmen eines „Industrie-Pixi-Buch“-Pakets.
Jedenfalls war die Klägerin nach den oben dargestellten Grundsätzen so zu stellen, als hätte sie der Beklagten die Nutzung der Marke durch Vertrag eingeräumt. Es stand fest, dass die Klägerin nur im Rahmen von Geschäften über „Industrie-Pixis“ eine Berechtigung zur Nutzung der Marke erteilt. Dafür steht eine vorgegebene Gewinnspanne fest.
Das Berufungsgericht stimmte der Beklagten zwar darin zu, dass sie die Marke „PIXI“ gar nicht auf ihren Büchern abgedruckt hatte. Aber da die Beklagte das Zeichen der Klägerin ganz offensichtlich verwendet hat, um die von ihr aufgelegten Kinderbücher attraktiver zu machen, ist ihr genau jener Nutzen entstanden, der jenen Kunden entsteht, die von der Klägerin ein „Industrie-PIXI-Buch“ produzieren lassen. Es kommt daher nicht darauf an, ob sie das Zeichen auch auf die Bücher aufgedruckt hat.
Da der Marketingleiter ab dem Jahr 2018 Kenntnis von der markenrechtlichen Situation hatte, handelte er grob fahrlässig. Gemäß § 53 Abs 3 MSchG stand der Klägerin daher das Doppelte des angemessenen Entgelts als Schadenersatz zu.
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