OGH-Entscheidung vom 15.3.2021, 4 Ob 33/21p

 

Sachverhalt:

Der Vater des Klägers führte ab 1981 eine Tierarztpraxis unter der Bezeichnung „Tierklinik [Familienname des Klägers]“. 2015 wurde daraus – gemeinsam mit dem Kläger und den Beklagten – die „Tierklinik [Familienname des Klägers] OG“. Der Vater des Klägers und der Kläger schieden wenige Jahre später aus der OG aus. Sie gestatteten die Weiterverwendung ihres Familiennamens nicht. Dennoch fanden sich weiterhin Hinweise auf der Website der Beklagten sowie in deren Quell-Text und auch in Sponsorverweisen.

Der Kläger erhob – gestützt vor allem auf § 9 UWG – ein Unterlassungs-, Beseitigungs-, Veröffentlichungs- und ein Rechnungslegungsbegehren in Form einer Stufenklage.

 

Entscheidung:

Die Vorinstanzen verboten den Beklagten, den Namen im Zusammenhang mit tierärztlichen Dienstleistungen zu verwenden. Die Verwendung sei mangels wirksamer Zustimmung durch den Kläger und/oder dessen Vater nach § 24 UGB und damit auch nach § 9 UWG unzulässig gewesen. Die Beklagten wurden außerdem für schuldig erkannt, über die Einnahmen aus der Verwendung des Namens Rechnung zu legen sowie das Urteil für 30 Tage auf den Webseiten der Beklagten zu veröffentlichen. Gegen die Entscheidung zum Rechnungslegungsbegehren und zum Veröffentlichungsbegehren richteten sich die Revisionen der Beklagten.

Im Hinblick auf das Rechnungslegungsbegehren gab der OGH den Revisionen Folge. Zweck der Rechnungslegung ist es, den Kläger in die Lage zu versetzen, die Grundlage für seine Zahlungsansprüche gegen den Beklagten zu ermitteln, um sein Leistungsbegehren beziffern zu können. Die Stufenklage nach Art XLII EGZPO begründet keinen eigenen materiell-rechtlichen Anspruch auf Rechnungslegung, sondern setzt voraus, dass eine solche Verpflichtung schon nach bürgerlichem Recht besteht.

Die Grundsätze für den immaterialgüterrechtlichen Rechnungslegungsanspruch hat der OGH in einer früheren Entscheidung dahingehend konkretisiert, dass das Gericht das Verfahren über den Rechnungslegungsanspruch vom Verfahren über den Leistungsanspruch getrennt zu führen hat. Zuerst ist ausschließlich über die Rechnungslegung zu verhandeln. Erst nach dessen Rechtskraft hat der Kläger sodann aufgrund der Ergebnisse der Rechnungslegung sein Leistungsbegehren durch zahlenmäßige Angabe des Klagsbetrags zu ergänzen. Das Gericht hat sodann das Verfahren über den Leistungsanspruch durchzuführen und mit Endurteil über das Zahlungsbegehren zu entscheiden. Es besteht daher grundsätzlich ein Verbot der gleichzeitigen Entscheidung über das Manifestations- und das Zahlungsbegehren. Nur dann, wenn das Rechnungslegungsbegehren für sich allein unbegründet ist, ist die gesamte Stufenklage abzuweisen, weil der Prozess dann zu keiner Aufklärung und damit zu keiner bestimmten Fassung des nachfolgenden Leistungsbegehrens führen kann.

Der Kläger muss sich in Bezug auf die konkret vorgeworfene Verletzungshandlung auf eine taugliche gesetzliche oder vertragliche Rechtsgrundlage für die materielle Rechnungslegungspflicht berufen können, aus der sich ergibt, worauf sich die Rechnungslegungspflicht hinsichtlich welcher möglicher (später zu beziffernder) Zahlungsansprüche bezieht. Für die Berechtigung des Rechnungslegungsbegehrens ist es erforderlich, dass sich aus der begehrten Rechnungslegung ein möglicher bezifferbarer Zahlungsanspruch schlüssig ableiten lässt. Zudem muss sich die Berechtigung Begehrens aus dem Sachverhalt ableiten lassen. In DIESER Entscheidung bezog sich das Rechnungslegungsbegehren auf den Verkauf von patentverletzenden Produkten. Da dort nicht festgestellt werden konnte, dass die Beklagte patentverletzende Produkte in Österreich verkauft hat, wurde das rechtliche Interesse an der Rechnungslegung verneint.

Im Anlassfall stützte sich der Kläger auf einen gesetzlichen Rechnungslegungsanspruch nach § 9 Abs 4 UWG iVm §§ 150, 151 PatG. Die Rechnungslegungspflicht bezieht sich auf das angemessene Entgelt (angemessene Lizenzgebühr) und die Herausgabe des erzielten Verletzergewinns. Das vom Kläger formulierte Rechnungslegungsbegehren bezog sich ausschließlich auf die Einnahmen der Beklagten „aus der Verwendung“ des Namens. Da die Vorinstanzen jedoch nicht feststellen konnten, ob aufgrund der unzulässigen Namensverwendung Kunden die Beklagte kontaktierten und ihre Tiere dort behandeln ließen, bleibt auch offen, ob „aus der Verwendung“ des Kennzeichens durch die Beklagte überhaupt Einnahmen erzielt wurden. Der OGH erachtete das Rechnungslegungsbegehren daher als nicht berechtigt, weil das konkret formulierte Rechnungslegungsbegehren sich aus der ermittelten Sachverhaltsgrundlage nicht ableiten lässt.

Im Hinblick auf das Veröffentlichungsbegehren gab der OGH den Revisionen der Beklagten jedoch nicht Folge. Zweck der Urteilsveröffentlichung ist es, über die Rechtsverletzung aufzuklären und den beteiligten Verkehrskreisen Gelegenheit zu geben, sich entsprechend zu informieren, um vor Nachteilen geschützt zu sein. Die Urteilsveröffentlichung muss dabei geeignet sein, falsche Eindrücke und Nachteile zu beseitigen, die durch die Rechtsverletzung entstanden sind. Der Kläger konnte zwar nicht nachweisen, dass er aus den Verletzungshandlungen der Beklagten bisher einen konkreten materiellen Nachteil erlitten hat; künftige Vorteile der Beklagten aus der untersagten Namensverwendung lassen sich dadurch allerdings nicht ausschließen. Das Talionsprinzip besagt, dass bei Lauterkeitsverstößen die Urteilsveröffentlichung grundsätzlich an der gleichen Stelle und in der gleichen Schrift vorzunehmen ist wie der Verstoß selbst. Aufgrund der vielfältigen Begehungsarten der unzulässigen Namensverwendung durch die Beklagten, erschien dem OGH die Veröffentlichung auf der Website sachgerecht.

 

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