OGH-Entscheidung vom 22.10.2024, 4 Ob 77/24p

 

Sachverhalt:

Die klagende Gesellschaft erwarb einige Tage nach ihrer Gründung eine Liegenschaft, auf der ein unter einer bestimmten Bezeichnung bekanntes Gebäude steht. Ein Unternehmen betreibt die Klägerin unter dieser Bezeichnung aber nicht.

Die Beklagte hält seit Anfang März 2020 vier Domains, die im Wesentlichen aus der Bezeichnung des Gebäudes bestehen.

Die Klägerin begehrte von den Beklagten, u.a. gestützt auf § 43 ABGB, es im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, den „Namen“ des Gebäudes zur Kennzeichnung einer Website zu verwenden, insbesondere durch die Nutzung der vier Domains.

 

Entscheidung:

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren überwiegend statt. Als Liegenschaftseigentümerin komme der Klägerin der Schutz des § 43 ABGB am „Namen“ des Gebäudes zu. Die Beklagten hätten kein berechtigtes Interesse daran, die Domains registriert zu halten und zu nutzen.  Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil.

Der OGH gab der Revision der Beklagten Folge und wies die Klage ab.

Gegenstand des Revisionsverfahrens war die Frage, ob die Klägerin aufgrund ihrer Rechtsstellung als Eigentümerin einer Liegenschaft, auf der ein in Österreich unter einer bestimmten Bezeichnung bekanntes Gebäude steht, den Beklagten allein gestützt auf das Namensrecht (§ 43 ABGB) die Nutzung von Domains untersagen kann, welche die Bezeichnung des Gebäudes enthalten.

Das Namensrecht (§ 43 ABGB) schützt eine Person in bestimmten Fällen, in denen ein Dritter in ihr Recht eingreift, sich mit ihrem Namen zu identifizieren. Der Schutz steht natürlichen und juristischen Personen zu. Als höchstpersönliches Recht ist das Namensrecht nicht übertragbar. Objekt des Namensschutzes ist nicht nur der Name an sich, sondern jede Bezeichnung mit Namensfunktion, die eine Person kennzeichnet und von anderen unterscheidet. Voraussetzung dafür ist die originäre oder durch Benutzung erworbene Kennzeichnungs- und Unterscheidungskraft der Bezeichnung.

Die Klägerin behauptete im Verfahren nicht, dass die in Österreich bekannte Bezeichnung des Gebäudes, das auf ihrer Liegenschaft steht, (auch) sie selbst als juristische Person mit Namensfunktion identifiziere. Ein Namensschutz iSd § 43 ABGB kam daher nicht in Betracht.

Ein aus der Rechtsstellung als Liegenschaftseigentümer abgeleitetes „Namensrecht“ an der Bezeichnung eines Gebäudes, wie es der Klägerin vorschwebt, stünde nach einer Veräußerung der Liegenschaft dem neuen Eigentümer zu. Ein solcher „Übergang“ des Namensrechts widerspräche dessen Höchstpersönlichkeit.

Ergebnis: Der Eigentümer einer Liegenschaft, auf der ein in Österreich unter einer bestimmten Bezeichnung bekanntes Gebäude steht, kann allein aufgrund seiner Eigentümerstellung anderen Personen nicht gestützt auf § 43 ABGB die Nutzung von Domains untersagen, welche die Bezeichnung des Gebäudes enthalten.

 

 

Link zur Entscheidung

 

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