OGH-Entscheidung vom 25.10.2016, 4 Ob 209/16p

Sachverhalt:

Der Kläger, Karl-Heinz Grasser, war jahrelang Finanzminister und massiv in den Medien präsent. In manchen Medien wurde und wird er häufig „KHG“ genannt. Nach dem Ende seiner Amtszeit wurden gegen ihn Korruptionsvorwürfe erhoben. Dieses Thema der Korruptionsermittlung gegen den Kläger ist in den Medien präsent.

Der Beklagte befasst sich seit 2010 mit dem Thema Korruption und er publizierte darüber auch in einem Buch und in mehreren Artikeln. Um das Thema mehr ins öffentliche Bewusstsein zu rücken, brachte er ein an „DKT“ angelehntes Brettspiel mit dem Titel „Korrupte haben Geld“ bzw der dafür gewählten Kurzbezeichnung „KHG“ heraus. Das Spiel stellt in humorvoll-satirischer Weise 35 Korruptionsfälle der Republik Österreich dar, wobei der Kläger bei einem der Fälle namentlich genannt wird.

Karl-Heinz Grasser klagte unter Berufung auf § 43 ABGB gegen die Verwendung der Initialen „KHG“.

Entscheidung:

Die Klage wurde abgewiesen. Der OGH wies die außerordentliche Revision zurück. Aus der Begründung:

Ein Gebrauch eines Namens durch Dritte verstößt gegen das Namensrecht des § 43 ABGB nur dann, wenn dadurch die berechtigten Interessen des Namensträgers verletzt werden. Eine Verletzung ist dann zu bejahen, wenn über den Namensträger etwas Unrichtiges ausgesagt wird, das sein Ansehen und seinen guten Ruf beeinträchtigt, ihn bloßstellt oder lächerlich macht, wobei es jedoch auf eine Interessenabwägung ankommt.

Der OGH hat bereits die Ansicht vertreten, dass Eingriffe in das Namensrecht des § 43 ABGB mit der Ausübung von verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten gerechtfertigt werden können (etwa das Grundrecht auf Meinungsfreiheit). Es ist anerkannt, dass Personen des öffentlichen Lebens nicht auf die gleiche Weise Anspruch auf einen Schutz ihres Privatlebens erheben können wie der Öffentlichkeit unbekannte Privatpersonen. Jeder Politiker setzt sich selbst unvermeidlich und willentlich einer genauen Beurteilung jeder seiner Worte und Taten durch Journalisten, das breite Publikum und den politischen Gegner aus.

Nach der Rechtsprechung des EuGH ist Satire eine Form des künstlerischen Ausdrucks und der gesellschaftlichen Kommentierung, welche durch die sie charakterisierende Übertreibung und Verzerrung der Realität naturgemäß darauf abzielt zu provozieren und zu bewegen. Deshalb müssen nach Art 10 EMRK alle Eingriffe in das Recht eines Künstlers oder jeder anderen Person, sich auf diesem Weg auszudrücken, mit besonderer Aufmerksamkeit geprüft werden. Vom EGMR wurde in jüngster Zeit geurteilt, dass ein Eingriff in Art 8 EMRK grundsätzlich dann zu verneinen sei, wenn populäre Ereignisse satirisch aufgegriffen werden, ohne dass die Betroffenen unangemessen herabgewürdigt werden.

Der OGH schloss sich somit der Rechtsansicht der Vorinstanzen an, wonach den Persönlichkeitsrechten des Klägers das Recht auf die Freiheit der Ausübung der Kunst sowie der Umstand gegenübergestellt wurde, dass gegen den Kläger – der große Bekanntheit genießt – seit Jahren wegen Korruption ermittelt wird. Im Ergebnis wurde ein unerlaubter Eingriff in ein Persönlichkeitsrecht des Klägers verneint.