EuGH-Urteil vom 4.10.2024, Rechtssache C‑240/23
Sachverhalt:
Das EU-Bio-Logo kennzeichnet einheitlich biologisch erzeugte Produkte und erleichtert deren Vermarktung. Es darf nur verwendet werden, wenn eine zugelassene Kontrollstelle die Einhaltung strenger Vorgaben für Produktion, Verarbeitung, Transport und Lagerung bestätigt. Mindestens 95 % der Zutaten müssen biologisch sein, und Mischungen aus Bio- und Nicht-Bio-Zutaten desselben Inhaltsstoffs sind nicht erlaubt. Zusätzlich müssen die Codenummer der Kontrollstelle und der Herkunftsort der Rohstoffe angegeben werden.
Das „EU-Bio-Logo“ sieht so aus:
Die deutsche Herbaria Kräuterparadies GmbH stellt ein Getränk namens „Blutquick“ her, das aus einer Mischung aus Fruchtsäften und Kräuterauszügen besteht, die aus biologischer Produktion stammen. Dem Getränk, das als Nahrungsergänzungsmittel vermarktet wird, sind nicht pflanzliche Vitamine und Eisengluconat zugesetzt. Auf der Verpackung befanden sich das „EU-Bio-Logo“, das nationale Bio-Siegel sowie ein Verweis auf die Herkunft von Zutaten aus „kontrolliert biologischem Anbau“.
Die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft forderte die Entfernung des Bio-Logos, da das Getränk nicht der VO (EU) 2018/848 entsprach. Demnach dürfen Vitamine und Mineralstoffe nur zugesetzt werden, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist, was hier nicht zutraf. Herbaria machte dagegen geltend, dass in Anwendung der Verordnung 2018/848 ein mit Blutquick vergleichbares und aus den Vereinigten Staaten von Amerika eingeführtes Lebensmittel nicht mit einem solchen Verbot belegt werde.
Das Bayerischen Verwaltungsgericht München legte den Fall dem EuGH zur Vorabentscheidung vor.
Entscheidung:
Im konkreten Fall entschied der EuGH, dass das EU-Bio-Logo nicht verwendet werden darf, wenn das damit gekennzeichnete Lebensmittel nicht den Anforderungen der Verordnung 2018/848 entspricht, weil es Mineralstoffe und Vitamine nicht pflanzlichen Ursprungs enthält.
Der EuGH führte auch aus, dass ein aus einem Drittland importiertes Produkt nur dann das EU-Bio-Logo oder ähnliche Bezeichnungen tragen darf, wenn es vollständig den Anforderungen und Produktionsvorschriften der EU entspricht. Die Herkunft aus einem anerkannten Drittland allein reicht nicht aus. Auch die Einhaltung als „gleichwertig“ anerkannter Drittlandsvorschriften genügt nicht für die Nutzung des EU-Bio-Logos. Andernfalls könnten fairer Wettbewerb und Verbraucherschutz im Binnenmarkt gefährdet sein.
Die EU-Öko-Verordnung erlaubt lediglich die Weiterverwendung nationaler Bio-Logos aus Drittstaaten, jedoch nicht deren automatische Ergänzung oder Ersetzung durch das EU-Bio-Logo. Das EU-Bio-Logo soll eindeutig signalisieren, dass ein Erzeugnis allen EU-Vorgaben entspricht, nicht nur ähnlichen Standards. Ein Drittlandslogo für ökologische/biologische Produktion darf daher weiterhin verwendet werden, da es nicht den Eindruck erweckt, dass das Produkt den vollständigen EU-Vorgaben entspricht.
Weitere Blog-Beiträge:
Irreführende Etikettierung und Bewerbung von Bio-Limonade: Geschmack durch Aromen erzeugt.
EuGH zur Werbung für Biozidprodukte: Angabe „hautfreundlich“ irreführend.
BGH/Deutschland: Gesundheitsbezogene Angaben auf Babynahrung (Praebiotik/Probiotik)
EuGH: Bezeichnung „Veganes Steak“ bei ausreichender Ersatzzutatenaufklärung zulässig.
Werbung mit nicht nachgewiesenen gesundheitsbezogenen Angaben