OGH-Entscheidung vom 22.10.2024, 4 Ob 55/24b
Sachverhalt:
Von der Beklagten wurde ein Schreiben verfasst und an deren Vertriebspartner übermittelt, das bereits als kreditschädigend zum Nachteil der Klägerin qualifiziert wurde (HIER im Blog die zugehörige Entscheidung im Provisialverfahren). Verschiedene Vertriebspartner der Beklagten verbreiteten diesen Text weiter, unter anderem in den USA.
Die außerordentliche Revision der Beklagten im Hauptverfahren wendete sich gegen ihre Verpflichtung, die kreditschädigenden Behauptungen nicht nur gegenüber namentlich genannten Adressaten von fünf konkreten Schreiben, sondern auch öffentlich in der US-amerikanischen Ausgabe einer internationalen Fachzeitschrift zu widerrufen.
Entscheidung:
Der OGH wies die Revision der Beklagten zurück.
Gemäß ständiger Rechtsprechung zu § 7 UWG und § 1330 ABGB ist Ziel des Widerrufs, die durch die veröffentlichte unwahre Tatsachenbehauptung entstandene abträgliche Meinung über den Verletzten zu beseitigen, sodass der Widerruf grundsätzlich durch Zurücknahme der wahrheitswidrigen Behauptung in gleich wirksamer Form wie die Verbreitung zu geschehen und in einem angemessenen Verhältnis zur Wirkung des Verstoßes zu stehen hat.
Wenn die beanstandete Äußerung nur einem bestimmten Personenkreis gegenüber gemacht wurde, hat der Kläger in seinem Begehren diejenigen Personen zu bezeichnen, denen gegenüber widerrufen werden soll.
Bei einem unbestimmten Personenkreis, wie etwa bei einer Kreditschädigung in einem Medium, besteht gemäß § 7 Abs 1 UWG ein Anspruch auf einen „öffentlichen Widerruf“, wobei vom Kläger diesfalls ein konkretes Veröffentlichungsmedium anzugeben ist. Insofern kann auch der öffentliche Widerruf von anlässlich einer Pressekonferenz getätigten kreditschädigenden Äußerungen in jenen Medien vertretbar sein, die darüber berichteten.
Davon zu unterscheiden ist eine Urteilsveröffentlichung, die auch bei einem Verstoß gegen § 7 UWG in Betracht kommt. Eine solche wird in Ausnahmefällen sogar kumulativ zu einem Widerruf nach § 7 Abs 1 UWG zugestanden, etwa wenn die Behauptung auch noch einem weiteren unbestimmten Personenkreis zur Kenntnis gelangt ist, und ein zusätzliches Aufklärungsbedürfnis besteht.
Wenn dem Kläger die Empfänger der Mitteilung nicht namentlich bekannt sind und der Beklagte nicht bereit ist, über deren Namen Auskunft zu geben, gebietet es der Grundsatz von Treu und Glauben, ihn so zu behandeln, als ob die herabsetzenden Tatsachenbehauptungen einem nicht überschaubaren und daher unbestimmbaren Personenkreis zugekommen wären. In diesem Fall ist auf einen öffentlichen Widerruf zu erkennen, sodass der Kläger (nur) das Medium zu bezeichnen hat, in dem der Widerruf vorzunehmen ist.
Weshalb eine US-amerikanische Fachzeitschrift nicht geeignet sein soll, die auch am amerikanischen Markt ansässigen Vertriebspartner zu erreichen, wo die Behauptungen unter anderem (weiter-)verbreitet wurden, und den unrichtigen Eindruck zu beseitigen, legte die Revision nicht dar.
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