OLG MĂŒnchen, Urteil vom 11.11.2024, 19 U 200/24 e

 

Sachverhalt:

Der Beklagte betreibt einen Pkw-Handel. Der KlĂ€ger bestellte im November 2020 einen Ferrari bei ihm und zahlte eine Anzahlung von EUR 50.000. Im Kaufvertrag war als Liefertermin „2./3. Quartal 2021 (unverbindlich)“ angegeben. Außerdem wurde vereinbart, dass der KĂ€ufer den VerkĂ€ufer zur Lieferung erst mahnen kann, wenn der unverbindliche Liefertermin um zwei Quartale ĂŒberschritten ist.

Die Parteien fĂŒhrten in der Folge eine umfangreiche Konversation mittels Textnachrichten ĂŒber WhatsApp. Etwa 10 Monate nach der Bestellung schrieb der Beklagte, dass der Ferrari nun erst im ersten Halbjahr 2022 geliefert werden könne. Hierauf antwortete der KlĂ€ger mit „Ups“ und folgendem Emoji:

Im Mai 2022 teilte der Beklagte dem KlĂ€ger per WhatsApp mit, dass Ferrari ein Problem mit fehlerhaften Batterien habe und das Fahrzeug so nicht ausgeliefert werden dĂŒrfe. Wann Ersatz geliefert werde, könne nicht gesagt werden. Der KlĂ€ger setzte daraufhin eine letzte Frist zur Auslieferung; nach Fristablauf wĂŒrde er vom Vertrag zurĂŒcktreten und seine Anzahlung zurĂŒckfordern.

Der KlĂ€ger begehrte nach Fristablauf mittels Klage die RĂŒckzahlung der von ihm geleisteten Anzahlung. Der Beklagte macht mit der Widerklage einen Schadensersatzanspruch geltend, da er im Rahmen des aufgrund der Nichtabnahme des Pkw durch den KlĂ€ger erforderlichen Weiterverkaufs einen Verlust gemacht habe.

 

Entscheidung:

In erster Instanz gab das LG MĂŒnchen dem Beklagten Recht. Das OLG MĂŒnchen gab jedoch der Berufung des KlĂ€gers Folge und kam zu dem Ergebnis, dass der KlĂ€ger aufgrund seines wirksamen RĂŒcktritts vom Kaufvertrag eine Forderung gegen den Beklagten auf RĂŒckzahlung der geleisteten Anzahlung von hat. Dem KlĂ€ger stand zu diesem Zeitpunkt auch ein RĂŒcktrittsrecht zu, da der Beklagte seine aufgrund des Kaufvertrags geschuldete, fĂ€llige Leistung nicht erbrachte. Es lag hier eine Leistungspflichtverletzung in Form der Leistungsverzögerung vor.

Aus dem Chatverlauf der Parteien lÀsst sich keine einvernehmliche LieferfristverlÀngerung erblicken. Insbesondere signalisierte der KlÀger nicht, insbesondere nicht mit den von ihm verwendeten Emojis, seine Zustimmung zu einer LieferfristverlÀngerung.

Auch elektronische ErklĂ€rungen sind echte WillenserklĂ€rungen. Kommunikation per WhatsApp erfĂŒlle grundsĂ€tzlich die vorgesehene Schriftform fĂŒr VertragsĂ€nderungen. Der ErklĂ€rende kann seinen Willen mittels Zeichen kundtun, d.h. auch durch digitale Piktogramme – wie Emojis.

Die Verwendung des Emojis in der WhatsApp-Nachricht des KlĂ€gers war nicht als Zustimmung zur Aussage des Beklagten in der Nachricht zuvor zu werten. Der sog. „Grimassen schneidendes Gesicht“-Emoji stelle grundsĂ€tzlich negative oder gespannte Emotionen dar, besonders NervositĂ€t, Verlegenheit, Unbehagen oder Peinlichkeit.

 

 

Link zur Entscheidung

 

 

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