EuGH-Urteil vom 7.7.2016, C‑476/14

Sachverhalt:

Citroën ließ eine Werbeanzeige für ein Kraftfahrzeug in einer Tageszeitung veröffentlichen, die folgende Angaben enthielt:

„z. B. Citroën C4 VTI 120 Exclusive: 21 800 [Euro]1“, „Maximaler Preisvorteil: 6 170 [Euro]1“.

Die hochgestellte „1“ verwies auf folgenden Text im unteren Bereich der Anzeige:

„Preis zuzüglich Überführung in Höhe von 790 [Euro]. Privatkundenangebot gültig für alle Citroën C 4 … bis Bestellung 10.04.2011 …“.

Der vom Kunden beim Erwerb eines solchen Fahrzeugs zu entrichtende Gesamtpreis einschließlich der Kosten der Überführung des Fahrzeugs vom Hersteller zum Verkäufer war in dieser Werbung nicht angegeben.

Die Zentralvereinigung des Kraftfahrzeuggewerbes zur Aufrechterhaltung lauteren Wettbewerbs e. V. (ZLW) erhob beim Landgericht Köln (Deutschland) Klage gegen Citroën auf Unterlassung dieser Werbung, da diese nicht den Endpreis einschließlich der Überführungskosten enthalte.

Nach Erschöpfung des innerstaatlichen Instanzenzuges, legte der deutsche BHG dem EuGH (zusammengefasst) die Frage zur Vorabentscheidung vor, ob Art. 1 und Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 98/6 sowie Art. 7 Abs. 4 Buchst. c der Richtlinie 2005/29 dahin auszulegen sind, dass die vom Verbraucher zu tragenden Kosten der Überführung eines Kraftfahrzeugs vom Hersteller zum Händler in dem in einer Werbung eines Gewerbetreibenden angegebenen Verkaufspreis dieses Fahrzeugs enthalten sein müssen.

Entscheidung:

Der EuGH bejahte diese Frage im Prinzip: Die vom Verbraucher zu tragenden Kosten der Überführung eines Kraftfahrzeugs vom Hersteller zum Händler müssen in dem in einer Werbung angegebenen Verkaufspreis dieses Fahrzeugs enthalten sein, wenn diese Werbung unter Berücksichtigung sämtlicher ihrer Merkmale aus der Sicht des Verbrauchers als ein für dieses Fahrzeug geltendes Angebot aufzufassen ist.

Aus der Begründung:

Der EuGH wies zunächst darauf hin, dass die Richtlinie 98/6 eine einheitliche und transparente Information zugunsten sämtlicher Verbraucher im Rahmen des Binnenmarkts sicherstellen soll. Um diese Einheitlichkeit und Transparenz der Preisinformation sicherzustellen, schreibt Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 98/6 vor, dass der Verkaufspreis aller Erzeugnisse, die Verbrauchern von Händlern angeboten werden, anzugeben ist, wobei dieser Verkaufspreis nach Art. 2 Buchst. a dieser Richtlinie als Endpreis für eine Produkteinheit oder eine bestimmte Erzeugnismenge, der die Mehrwertsteuer und alle sonstigen Steuern einschließt, definiert ist.

Zwar sieht diese Bestimmung keine allgemeine Verpflichtung zur Angabe des Verkaufspreises vor, jedoch kann eine Werbung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, von einem Durchschnittsverbraucher als Angebot des Gewerbetreibenden, das Erzeugnis zu den in der Werbung genannten Konditionen zu verkaufen, aufgefasst werden. In einem solchen Fall muss der so angegebene Preis den Anforderungen der Richtlinie 98/6 genügen. Insbesondere muss dieser Preis der Verkaufspreis des betreffenden Erzeugnisses, d. h. sein Endpreis sein. Der Endpreis ermöglicht es dem Verbraucher, den in einer Werbung angegebenen Preis zu beurteilen und mit dem Preis anderer ähnlicher Erzeugnisse zu vergleichen und somit anhand einfacher Vergleiche fundierte Entscheidungen zu treffen.

Als Endpreis muss der Verkaufspreis notwendigerweise die unvermeidbaren und vorhersehbaren Bestandteile des Preises enthalten, die obligatorisch vom Verbraucher zu tragen sind und die Gegenleistung in Geld für den Erwerb des betreffenden Erzeugnisses bilden. Verlangt der Händler, dass der Verbraucher die Kosten der Überführung dieses Erzeugnisses vom Hersteller an diesen Händler trägt, und sind diese Kosten infolgedessen obligatorisch vom Verbraucher zu tragen, stellen sie einen Bestandteil des Verkaufspreises dar.

(Da der Aspekt des Verkaufspreises durch die Richtlinie 98/6 geregelt wird, kam die Richtlinie 2005/29 über unlautere Geschäftspraktiken hinsichtlich dieses Aspekts nicht zur Anwendung.)