OGH-Entscheidung vom 27.2.2014, 8 Ob 74/13k

Sachverhalt:

Der Kläger kaufte ein Fahrzeug (Pickup) bei der Beklagten zu einem Gesamtpreis von EUR 27.740,-. Aufgrund einer Reihe von Mängeln begehrte der Käufer die Wandlung des Kaufvertrags. Zu diesem Zeitpunkt wies das Fahrzeug einen Kilometerstand von 43.000 auf. Der Kläger benützte das Fahrzeug auch während des Verfahrens weiter. Bei Schluss der Verhandlung erster Instanz betrug der Kilometerstand bereits 141.500.

Die Beklagte wandte angesichts der hohen Laufleistung des Fahrzeugs einen Anspruch auf Benützungsentgelt aufrechnungsweise ein.

Entscheidung:

Erst- und Berufungsgericht gaben dem Wandlungsbegehren Folge, stellten jedoch auch fest, dass eine Gegenforderung der Beklagten zu Recht bestehe (lt. Berufungsgericht EUR 12.662,05). Der Kläger müsse sich im Rahmen des Vorteilsausgleichs ein angemessenes Benützungsentgelt für die Dauer der tatsächlichen Fahrzeugnutzung anrechnen lassen, weil er sich dadurch den Aufwand für ein Ersatzfahrzeug erspart habe. Der gewöhnliche Gebrauch der Sache stelle einen dem Käufer tatsächlich zugekommenen Vorteil dar, dessen Ausgleich für die gesamte tatsächliche Nutzungsdauer angemessen berücksichtigt werden müsse.

Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision für zulässig, weil die Frage, ob der Verkäufer im Fall der Wandlung des Kaufvertrags gegen den Käufer einen Anspruch auf angemessenes Benützungsentgelt nur bis zur Wandlungserklärung oder bis zur späteren Rückstellung habe, in der höchstgerichtlichen Rechtsprechung noch nicht eindeutig entschieden sei.

Der OGH lies die Revision des Klägers (der den vollen Kaufpreis zurück und kein Benützungsentgelt bezahlen wollte) auch zu, jedoch war sie nicht berechtigt. Aus der Begründung:

Laut stRsp des OGH ist bei berechtigten Wandlungsbegehren nach § 932 Abs 4 ABGB nur jener Wertverlust zu berücksichtigen der bis zu dem Zeitpunkt entstanden ist, zu dem der Kläger Wandlung begehrt hat. Der OGH stimmte jedoch der Ansicht des Berufungsgerichts zu, dass zwischen dem Wertverlust der Sache (Auto) und dem Nutzen, den er sich durch die fortgesetzte Verwendung der mangelhaften Sache verschafft hat, zu unterscheiden ist. Der Kläger hätte das nicht mehr gewollte Fahrzeug abmelden, ein Ersatzfahrzeug anschaffen und den allfälligen Mehraufwand als Mangelfolgeschaden geltend machen können. Durch seinen Entschluss, das bemängelte Fahrzeug weiterhin zu nutzen, hat er sich anderweitige Aufwendungen erspart; dieser Nutzen ist – im Gegensatz zum Wertverlust oder einer bloß theoretischen Gebrauchsmöglichkeit – gerade keine zwangsläufige Folge einer verzögerten Erfüllung des Wandlungsbegehrens, sondern einer Entscheidung des Käufers. Dem Kläger ist es schlussendlich nicht gelungen zu begründen, weshalb er das Fahrzeuges nach intensiver Nutzung (und nahe am Ende der üblichen Verwendungsdauer) zurückzugeben und dennoch den weit überwiegenden Teil des Kaufpreises zurückzuerhalten soll.