EuGH-Urteil vom 3.3.2016, Rechtssache C‑179/15
Sachverhalt:
Die Daimler AG, eine Herstellerin von Fahrzeugen, ist Inhaberin der internationalen Bildmarke Mercedes-Benz, die auch in Ungarn geschützt ist und deren Schutz sich u. a. auf Fahrzeugteile erstreckt. Ein ungarischer Vertragspartner von Daimler im Bereich des Einzelhandels mit Fahrzeugen und Fahrzeugteilen sowie der Fahrzeugreparatur und ‑wartung war auf den Verkauf von Waren von Daimler und darauf bezogene Dienstleistungen spezialisiert.
Während der Laufzeit des Vertrags über Kundendienstleistungen beauftragte der ungarische Vertragspartner Werbedienstleistungen im Internet in Form der Veröffentlichung einer Anzeige, in der sie als autorisierte Mercedes-Benz-Werkstatt bezeichnet wurde. Nach der Beendigung des Vertrags wurde versucht, jede Benutzung der fraglichen Marke zu beenden, aufgrund deren das Publikum hätte annehmen können, dass weiterhin eine Vertragsbeziehung mit Daimler besteht. Die Betreiber mehrerer Websites wurden schriftlich aufgefordert, online gestellte Anzeigen zu löschen. Trotz dieser Maßnahmen wurden die online gestellten Anzeigen weiterhin im Internet verbreitet. Zudem ergab die Eingabe des Namens des Vertragspartners in die Google-Suchmaschine eine Ergebnisliste, in der die Anzeigen erschienen der Vertragspartner als „autorisierte Mercedes-Benz-Werkstatt“ bezeichnet wurde.
Daimler klagte u.a. auf Feststellung, Löschung und Unterlassung. Nach Erschöpfung des innerstaatlichen Instanzenzugs wurde der EuGH mit der Lösung befasst. Das vorlegende Gericht wollte wissen, ob Art. 5 Abs. 1 Buchst. a und b der Richtlinie 2008/95 dahin auszulegen ist, dass ein Dritter, der in einer auf einer Website veröffentlichten Anzeige genannt ist, die ein Zeichen enthält, das mit einer Marke identisch oder ihr ähnlich ist, so dass der Eindruck einer Geschäftsbeziehung zwischen ihm und dem Markeninhaber besteht, eine Benutzung dieses Zeichens vornimmt, die vom Inhaber nach dieser Bestimmung verboten werden kann, selbst wenn die Anzeige weder von diesem Dritten oder in seinem Namen platziert worden ist oder wenn dieser vergeblich alles von ihm Erwartbare unternommen hat, um ihre Löschung zu erreichen.
Entscheidung:
Der EuGH verwies zunächst auf ein früheres Urteil, wonach die Benutzung einer Marke durch einen Dritten ohne Zustimmung des Inhabers zu dem Zweck, die Öffentlichkeit darauf hinzuweisen, dass dieser Dritte Waren dieser Marke instand setzt und wartet oder dass er Fachmann für solche Waren oder auf sie spezialisiert ist, unter gewissen Umständen eine Benutzung der Marke im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2008/95 darstellt, die der Markeninhaber verbieten kann.
Zu den im Ausgangsverfahren fraglichen Anzeigen, in denen der Vertragspartner als „autorisierte Mercedes-Benz-Werkstatt“ bezeichnet wurde, hielt der EuGH zunächst fest, dass der ungarische Vertragspartner die Marke im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2008/95 benutzt hat. Indem der Werbende eine solche Werbeanzeige im Zusammenhang mit seinen Geschäftstätigkeiten in Auftrag gibt, „benutzt“ er die Marke nämlich „im geschäftlichen Verkehr“ und für „Waren oder Dienstleistungen“, die er seinen Kunden anbietet, wobei eine solche Benutzung zu Werbezwecken im Übrigen ausdrücklich unter Art. 5 Abs. 3 Buchst. d der Richtlinie 2008/95 fällt. Eine solche Benutzung kann, wenn sie ohne Zustimmung des Markeninhabers erfolgt, die herkunftshinweisende Funktion der Marke beeinträchtigen, sofern die Anzeige suggeriert, dass zwischen dem Werbenden und dem Markeninhaber eine wirtschaftliche Verbindung besteht.
Während der Vertragslaufzeit war eine solche Benutzung jedoch ausdrücklich gestattet.
Zwar lässt sich die Veröffentlichung einer Werbeanzeige, die die Marke eines anderen nennt, auf einer Referenzierungswebsite dem Werbenden zurechnen, der diese Anzeige in Auftrag gegeben hat und auf dessen Anweisung der Betreiber dieser Seite als Dienstleister gehandelt hat, doch können dem Werbenden die Handlungen oder Unterlassungen eines solchen Dienstleisters nicht zugerechnet werden, wenn dieser sich absichtlich oder fahrlässig über die ausdrücklich vom Werbenden erteilten Anweisungen hinwegsetzt, die gerade darauf abzielen, diese Benutzung der Marke zu verhindern. Kommt der Dienstleister der Aufforderung des Werbenden, die fragliche Anzeige oder die in ihr enthaltene Nennung der Marke zu löschen, nicht nach, lässt sich daher die Veröffentlichung der Markennennung auf der Referenzierungswebsite nicht mehr als Benutzung der Marke durch den Werbenden qualifizieren.
Einem Werbenden sind auch selbständige Handlungen anderer Wirtschaftsteilnehmer wie die der Betreiber von Referenzierungswebsites (zB „Google), mit denen der Werbende keine unmittelbare oder mittelbare Beziehung unterhält und die nicht im Auftrag und für Rechnung des Werbenden, sondern auf eigene Initiative und im eigenen Namen handeln, nicht zuzurechnen.
Zur Systematik des Art. 5 der Richtlinie 2008/95 ist außerdem festzustellen, dass in Art. 5 Abs. 3, der eine nicht abschließende Aufzählung von Benutzungsformen enthält, die der Markeninhaber verbieten kann, ausschließlich aktive Handlungen Dritter genannt sind. Es ist nur derjenige ein Dritter, der unmittelbar oder mittelbar die Herrschaft über die Benutzungshandlung hat, tatsächlich in der Lage, die Benutzung zu beenden und sich damit an das Verbot zu halten.
Die Vorlagefrage und folglich eine Markenrechtsverletzung wurden insofern vom EuGH verneint.