OGH-Entscheidung vom 25.9.2023, 6 Ob 160/23g

 

Sachverhalt:

Im Februar 2022 befand der OGH die App „Lernsieg“ bzw. die dadurch vorgenommene Datenverarbeitung (Bewertung und Veröffentlichung) für zulässig. Die Entscheidung kann HIER im Blog nachgelesen werden.

Im hier gegenständlichen Verfahren klagte nun ein Schulwart, dessen Daten irrtümlich in die App aufgenommen worden waren. Der Kläger begehrte, die Beklagten zur Unterlassung der Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten und zur Zahlung von Schadenersatz zu verpflichten. Ebenso sollten seine Daten gelöscht werden. Die Beklagten boten einen Teilvergleich im Hinblick auf den Unterlassungsanspruch an bzw. erging später ein Teilanerkenntnisurteil.

 

Entscheidung:

Das Erstgericht wies das restliche Klagebegehren ab. Über die Berufung des Klägers sprach ihm das Berufungsgericht dagegen EUR 500 an Schadenersatz zu, bestätigte das Ersturteil aber im Übrigen. Der OGH befand die Revision des Klägers für unzulässig. Gegenstand im Verfahren dritter Instanz war nur noch die angestrebte Verpflichtung zur Unterlassung der Verarbeitung personenbezogener Daten, ohne binnen einem Monat die vollständige Datenschutzinformation gemäß den Art 12 bis 14 DSGVO zu erteilen.

Der OGH gelangte zu der Ansicht, dass dieser Unterlassungsanspruch nicht besteht. Die Informationserteilung nach den Art 12 ff DSGVO ist kein Selbstzweck, sondern steht im Zusammenhang mit einer entsprechenden Datenverarbeitung. Ein Unterlassungsanspruch setzt aber ganz allgemein ein „(materielles) Rechtsschutzbedürfnis“ im Sinn eines materiell-rechtlichen schutzwürdigen Interesses und im Besonderen Wiederholungsgefahr voraus. Letztere wird zwar nach einer erfolgten Verletzungshandlung vermutet. Das Angebot eines vollstreckbaren Unterlassungsvergleichs beseitigt im Regelfall die Wiederholungsgefahr, wobei dafür der Vorbehalt des Kostenersatzes durch den Beklagten nicht schadet.

Im vorliegenden Fall wurden die Daten des Klägers nur versehentlich verarbeitet. Die Beklagten boten den Abschluss eines vollstreckbaren Unterlassungsvergleichs hinsichtlich der Verarbeitung personenbezogener Daten an. Darüber wurde auch ein Vergleich geschlossen und ein (Teil-)Anerkenntnisurteil gefällt. Mehr konnte der Kläger aber nicht erreichen, sodass die Wiederholungsgefahr weggefallen ist.

 

 

Link zum Entscheidungstext

 

Weitere Blog-Beiträge zum Thema Datenschutzrecht:

Erfassen des Stromverbrauchs durch „Smart Meter“: Kein Anspruch auf Schadenersatz auf Grundlage der DSGVO aufgrund Sorgen allgemeiner Natur

„Ein Idiotenhaufen … zum Durchdrehen“. Berechtigtes Interesse und Erforderlichkeit der Einsichtnahme eines Arbeitgebers in das E-Mail-Konto von Mitarbeitern.

EuGH: DSGVO gewährt Recht auf Auskunft über Zeitpunkt und Grund für Abfrage personenbezogener Daten. Jedoch zumeist keine Auskunft über konkreten Arbeitnehmer, der die Abfrage vornimmt.

EuGH: Recht auf „Kopie“ von verarbeiteten personenbezogenen Daten = Ausfolgung originalgetreuer und verständlicher Reproduktion aller dieser Daten.

Stromanbieter will „smarte Zähler“ verwenden. Droht eine unzulässige Verarbeitung personenbezogener Daten?

Immaterieller Schadenersatz bei Verstößen gegen die DSGVO? Verstoß allein genügt nicht. Schaden erforderlich. Aber: Keine „Erheblichkeitsschwelle“.

Betroffen von Datenpanne? Art 15 DSGVO gewährt Auskunftsanspruch über tatsächliche Betroffenheit von Datenübermittlung.

EuGH: Verschärfte Auskunftspflicht bei Weitergabe personenbezogener Daten. Identität der Empfänger mitzuteilen.

Recht auf Löschung aus Suchmaschinen („Recht auf Vergessenwerden“): Google muss nachweislich unrichtige Informationen auch ohne Gerichtsurteil löschen.

Zahlungserfahrungsdaten in Bonitätsdatenbanken: OGH zu Fristen/Kriterien für Löschung.

EuGH zu privaten Daten in Telefonverzeichnissen: Verantwortliche müssen auch andere Anbieter von Löschungsbegehren informieren

DSGVO-Verbandsklage des VKI gegen Autovermietung erfolgreich

Ärztebewertungsportal: Datenverarbeitung rechtmäßig. Interesse der Öffentlichkeit an Information überwiegt Interessen bewerteter Ärzte.