OGH-Entscheidung vom 20.10.2021, 6 Ob 143/21d

 

Sachverhalt:

Eine Rechtsanwaltskanzlei vertrat die Ehefrau des Beklagten im Zuge ihrer Ehescheidung. Der Beklagte rief häufig bei der Rechtsanwaltskanzlei an und beschimpfte dabei auch deren Mitarbeiterinnen. An einem Tag rief er etwa eine Stunde lang im „Sekundenabstand“ bei der Klägerin an. Da durch diese ständigen Anrufe die Telefonleitung permanent blockiert war, blockierte die Rechtsanwaltskanzlei die Telefonnummer des Beklagten. In der Folge verfasste der Beklagte auf Google eine Bewertung über die Klägerin, wobei er lediglich einen von fünf Sternen vergab und dazu schrieb: „Meine Anrufe werden ignoriert und meine Nr. wurde gesperrt, somit ist die Rechtsanwalts Kanzlei mit meiner Nr. nicht erreichbar.

Die Rechtsanwaltskanzlei klagte folglich auf Unterlassung und Löschung der Google-Rezension.

 

Entscheidung:

Die Vorinstanzen gaben der Klage statt. Der OGH wies die Revision des Beklagten zurück.

Bewertungen auf einer Online-Plattform sind nach den Grundsätzen des § 1330 ABGB zu beurteilen, wobei eine mit Begleittext kommentierte „Sterne“-Bewertung in ihrer Gesamtheit zu beurteilen ist. Die Auslegung des Bedeutungsinhalts einer Äußerung hat nach dem Verständnis eines durchschnittlich qualifizierten Erklärungsempfängers zu erfolgen. Für eine Tatsachenbehauptung ist wesentlich, ob sich ihr Bedeutungsinhalt auf einen wahren Tatsachenkern zurückführen lässt. Sofern die objektive Richtigkeit überprüfbar ist, sind auch bewertende Einschätzungen Tatsachenbehauptungen gleichzusetzen. Die Unrichtigkeit einer Tatsachenbehauptung kann sich auch aus einer Unvollständigkeit des bekanntgegebenen Sachverhalts ergeben, die das dem Betroffenen vorgeworfene Verhalten in einem ganz anderen Licht erscheinen lässt bzw wodurch ein falscher Eindruck erweckt wird. Es kommt darauf an, ob durch das Weglassen von Umständen der Sachverhalt so entstellt wird, dass die Äußerung geeignet ist, deren Adressaten in einem wichtigen Punkt irrezuführen.

Nachdem der Beklagte den Sachverhalt verkürzt wiedergegeben und wesentliche Umstände weggelassen hat, nämlich den Grund der Sperre seiner Telefonnummer, erweckte er den unrichtigen Eindruck, der Beklagte sei ein Mandant der Klägerin gewesen bzw habe sich mit einem berechtigten Anliegen an die Klägerin gewandt, worauf diese mit einer Sperre seiner Telefonnummer reagiert habe. Da sich die Unrichtigkeit einer Tatsachenbehauptung sich auch aus dem Weglassen wesentlicher Informationen ergeben kann, und ein solcher Eindruck potenzielle Mandanten abschrecken und damit den Kredit der Klägerin iSd § 1330 Abs 2 ABGB gefährden könnte, bestätigte der OGH die Entscheidung der Vorinstanz.

 

 

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