OLG Wien-Entscheidung vom 23.1.2025, 5 R 212/24v
Sachverhalt:
Die klagende Verwertungsgesellschaft ist berechtigt, Werknutzungsbewilligungen für die öffentliche Aufführung von Werken der Tonkunst zu erteilen und das entsprechende Entgelt einzuheben. Bei einer Kontrolle stellte die Verwertungsgesellschaft fest, dass in der Bäckerei des Beklagten drei urheberrechtlich geschützte Musikstücke in Anwesenheit von drei Kunden abgespielt wurden. Zuvor hatte die Verwertungsgesellschaft den Beklagten bereits im August 2023 ausdrücklich aufgefordert, einen Vertrag über eine Werknutzungsbewilligung abzuschließen, und ihm bei ausbleibender Vertragsbereitschaft das Abspielen von Musik aus ihrem Repertoire untersagt.
Der beklagte Bäckereibetreiber bestritt die Vorwürfe. Er brachte vor, dass sein Geschäftslokal nicht über die notwendige technische Ausstattung verfüge, um Musik abzuspielen. Eine früher installierte Musikanlage sei bereits seit geraumer Zeit abmontiert worden. Die am betreffenden Tag im Dienst befindliche Mitarbeiterin habe weder Musik abgespielt noch eine entsprechende Anlage bedient. Dennoch bot er aus Gründen advokatorischer Vorsicht den Abschluss eines strafbewehrten Unterlassungsvergleichs an. In einem späteren Schriftsatz ergänzte er, dass eine Wiederholungsgefahr auch deshalb nicht bestehe, da er das Geschäftslokal bereits geschlossen habe und nicht wieder eröffnen werde. Die Streitteile schlossen schließlich einen gerichtlichen Unterlassungsvergleich, wobei die Kostenentscheidung dem Gericht vorbehalten blieb.
Entscheidung:
Mit dem angefochtenen Kostenurteil wurde der Beklagte zur Zahlung von EUR 6.043,61 an Kostenersatz verpflichtet. Gegen die Kostenentscheidung erhob der Beklagte Rekurs. Er behauptete Verfahrensmängel, unrichtige Beweiswürdigung und eine fehlerhafte rechtliche Beurteilung. Ziel seines Rechtsmittels war die Abwehr der Kostenersatzpflicht.
Das OLG Wien bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung und wies den Kostenrekurs des Beklagten ab. In seiner Begründung stellte das Gericht zunächst fest, dass die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen nicht zu beanstanden seien. Es sei erwiesen, dass am Tag der Kontrolle in der Bäckerei von einer Angestellten des Beklagten drei Musikstücke aus dem Repertoire der Verwertungsgesellschaft für Kunden hör- und wahrnehmbar abgespielt worden seien. Die Musik sei dabei über das Mobiltelefon der Angestellten wiedergegeben worden.
Das OLG führte aus, dass die Wiedergabe eines Werks der Tonkunst als Aufführung bezeichnet werde, unabhängig davon, ob dies durch unmittelbare persönliche Darbietung, mittels Bild- oder Tonträger oder mittels Datenübertragungstechnik bewirkt werde. Darunter falle auch Hintergrundmusik im Bereich der Gastronomie und in Geschäftslokalen. Öffentlichkeit liege vor, wenn ein neues Publikum die Wiedergabe erfahre. Die Gäste einer Bäckerei seien ein solches neues Publikum. Ob die Musik über einen fest installierten Lautsprecher oder über das Mobiltelefon einer Angestellten abgespielt werde, sei für die rechtliche Beurteilung nicht von entscheidender Bedeutung.
Zur Haftung des Betreibers hielt das OLG fest: Der Unterlassungsanspruch nach § 81 Abs 1 UrhG setze kein Verschulden voraus. Es sei unerheblich, ob dem Beklagten oder seinen Bediensteten die Rechte des verletzten Urhebers oder Rechteinhabers bekannt gewesen seien. Es werde auch für versehentliche Urheberrechtsverletzungen gehaftet. Die Haftung des Unternehmers sei weit zu verstehen. Sie sei eine Erfolgshaftung und setze weder Verschulden noch Kenntnis vom Verstoß voraus.
Der Beklagte hafte somit auch für Urheberrechtsverletzungen seiner Mitarbeiter. Der Beklagte habe das unmissverständlich formulierte Verbot, in seinem Lokal öffentlich Musik zu spielen, nicht zum Anlass genommen, seine Angestellten entsprechend zu instruieren.
Zur Frage der Wiederholungsgefahr stellte das Gericht fest, dass der Beklagte zum Zeitpunkt der Klageeinbringung die Bäckerei noch betrieben habe. Beklagte habe seine Handlung in der Klagebeantwortung sogar verteidigt, wodurch er zu erkennen gegeben habe, dass ihm die Vermeidung weiterer Eingriffe nicht ernst sei. Es habe daher nicht an der Wiederholungsgefahr gemangelt. Die Klage sei in rechtlicher Hinsicht durch den Beklagten veranlasst und zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig gewesen, weshalb der Beklagte die Verfahrenskosten zu tragen habe.
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