OGH-Entscheidung vom 22.7.2025, 4 Ob 109/25w
Sachverhalt:
Die Antragstellerin beantragte beim Österreichischen Patentamt die Eintragung einer abstrakten Farbmarke in den Farben Blau und Grün für ein breites Spektrum an Waren und Dienstleistungen:
Dazu gehörten unter anderem chemische Präparate als Brennstoffzusätze, Brennstoffe, Einzelhandelsdienstleistungen für Lebensmittel und Getränke, Reparatur und Wartung von Fahrzeugen, Transportdienstleistungen, Energieerzeugung, Softwareentwicklung, Gastronomie sowie der Betrieb öffentlicher Duschen, Waschräume und Toiletten.
Die Antragstellerin legte die Ergebnisse einer Marktstudie vor, die ergab, dass 39 % der beteiligten Verkehrskreise das Zeichen im Zusammenhang mit Erdöl- und Gasunternehmen kannten. Wenn die Farbkombination im Kontext von Tankstellen gezeigt wurde, ordneten 74 % der Befragten sie einem bestimmten Anbieter zu. Ohne diesen Kontext wiesen 59 % die Farben dem Konzern der Antragstellerin zu, während 2% an einen Konkurrenten dachten und 3% an andere Unternehmen.
Das Patentamt lehnte die Eintragung ab, weil es an originärer Unterscheidungskraft fehle und die Verkehrsgeltung nicht ausreichend nachgewiesen worden sei. Das OLG Wien bestätigte diese Entscheidung. Es sah in der Farbkombination Blau-Grün keine von Haus aus gegebene Eignung zur Herkunftsunterscheidung und stellte fest, dass der Nachweis einer durch Benutzung erworbenen Unterscheidungskraft nicht gelungen sei. Der Grund dafür lag darin, dass nicht bewiesen werden konnte, dass ein erheblicher Teil der Verkehrskreise die Farbkombination auch ohne jeden Kontext, insbesondere ohne Bezug zu Tankstellen, einem bestimmten Anbieter zuordnen würde. Der gemessene Kennzeichnungsgrad von 59 % reiche angesichts des hohen Freihaltebedürfnisses an Farben nicht aus.
Entscheidung:
Der OGH wies den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin zurück. Er bekräftigte, dass abstrakte Farbmarken regelmäßig keine originäre Kennzeichnungskraft haben (und verwies auf jüngere einschlägige Entscheidungen des Fachsenats: siehe HIER, HIER und HIER im Blog).
An gebräuchlichen Farben bestehe ein besonders hohes Freihaltebedürfnis, um den Mitbewerbern den Zugang zu grundlegenden Gestaltungsmitteln zu sichern. Zwar könne eine Farbe oder Farbkombination durch Benutzung Unterscheidungskraft erlangen, dies setze jedoch voraus, dass ein erheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise die Waren oder Dienstleistungen gerade aufgrund des Zeichens einem bestimmten Unternehmen zuordnet. Dieser Nachweis müsse sich auf die isolierte Farbdarstellung in Verbindung mit den angemeldeten Waren und Dienstleistungen beziehen und dürfe nicht allein auf den spezifischen Nutzungskontext (hier: die Darstellung an Tankstellen) gestützt werden. Die vorgelegten Zahlen belegten dies nicht ausreichend. Das vorgelegte Gutachten belegte zwar 74 % Zuordnung im Kontext „Tankstelle“, ließ aber offen, ob das Publikum das Zeichen auch ohne diesen Kontext einem bestimmten Unternehmen zuordnet; ein Kennzeichnungsgrad von 59 % reichte angesichts der geringen originären Kennzeichnungskraft nicht aus.
Der OGH stellte klar, dass bei Zeichen mit besonders geringer Kennzeichnungseignung und hohem Freihaltebedürfnis, wie es bei gebräuchlichen Farbkombinationen der Fall ist, besonders hohe Anforderungen an den Nachweis der Verkehrsgeltung zu stellen sind. Weitere von der Antragstellerin vorgebrachte Umstände, wie die angebliche allgemeine Bekanntheit des Tankstellendesigns, änderten an dieser Beurteilung nichts.
Der OGH sah letztlich keine grobe Fehlbeurteilung des Rekursgerichts: Je geringer die Kennzeichnungseignung und je größer das Freihaltebedürfnis, desto höher müsse der Verkehrsgeltungsnachweis ausfallen.
Schließlich ließ der OGH die Frage offen, ob die konkrete Darstellung der Farbkombination überhaupt hinreichend bestimmt sei, da in der Anmeldung keine Angaben zu den Breiten oder zum Breitenverhältnis der beiden Farbstreifen gemacht wurden.
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