OGH-Entscheidung vom 27.5.2021, 4 Ob 97/21z

 

Sachverhalt:

Ein Unternehmen beantragte beim Österreichischen Patentamt die Eintragung der folgenden Farbmarke in zahlreichen Waren- und Dienstleistungsklassen (vor allem für Farben, Malerarbeiten, Baumaterialien, Werkzeuge, etc):Die Antragstellerin beschrieb die Marke als eine Kombination von vertikal nebeneinander in gleichen Abständen angeordneten Streifen in der Farbtonreihenfolge von links nach rechts violett (HKS 29), blau (HKS 48), grün (HKS 66), gelb (HKS 4), orange (HKS 6) und rot (HKS 13) auf schwarzem (HKS 88) Hintergrund, wobei die Streifen jeweils die gleiche Breite aufweisen.

Die Rechtsabteilung des Patentamts wies darauf hin, dass eine Angabe dahingehend fehle, in welchem Verhältnis die Streifen zum schwarzen Hintergrund stünden. Es sei von einer nicht ordnungsgemäßen Beschreibung auszugehen. Zum anderen wurden auch Bedenken nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG (fehlende Unterscheidungskraft) geäußert.

 

Entscheidung:

Die Rechtsabteilung des Patentamts wies den Antrag ab. Aus der Definition der Antragstellerin resultiere nur ein unklarer und letztlich zu umfassender Schutzbereich. Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin nicht Folge. Der OGH befand den Revisionsrekurs der Antragstellerin zur Klarstellung der Rechtslage zwar für zulässig, aber nicht berechtigt.

Es können nur solche Zeichen Marken sein, die geeignet sind, im Markenregister in einer Weise dargestellt zu werden, dass die zuständigen Behörden und das Publikum den Gegenstand des ihrem Inhaber gewährten Schutzes klar und eindeutig bestimmen können (§ 1 Z 2 MSchG). Nach der Rechtsprechung sind Farben in „abstrakter“ oder „konturloser“ Form schutzfähig, wenn ihre grafische Darstellung klar, eindeutig, in sich abgeschlossen, leicht zugänglich, verständlich, dauerhaft und objektiv ist. Ein Zeichen, das eine Vielzahl von Wiedergaben zulässt (nämlich zahlreiche unterschiedliche Kombinationen), die weder vorher festgelegt noch beständig sind, ist nicht schutzfähig.

Aus der Markenanmeldung und den ergänzenden Angaben der Antragstellerin lässt sich der angestrebte Schutzgegenstand des Zeichens nicht klar und eindeutig bestimmen. Es blieb insbesondere offen, wie groß der Abstand zwischen den Farbstreifen ist bzw welches Verhältnis es zwischen den Farbstreifen und dem dunklen Hintergrund gibt. Widersprüche bzw Unklarheiten wegen der verbalen Beschreibung gehen aber zu Lasten des Anmelders. Der Eintragungsantrag scheiterte daher, da die grafische Darstellung der Marke nicht klar, eindeutig, in sich abgeschlossen, leicht zugänglich, verständlich, dauerhaft und objektiv war.

 

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