EuG-Urteil vom 2.7.2025, T‑1103/23

 

Sachverhalt:

Im Jahr 2006 ließ Ferrari SpA die Wortmarke TESTAROSSA international registrieren und auf die Europäische Union erstrecken. Die Marke wurde insbesondere für Fahrzeuge, Ersatzteile und Zubehör in Klasse 12 eingetragen.

Im Jahr 2015 beantragte ein deutscher Rechtsanwalt die Löschung der Marke aufgrund nicht rechtserhaltender Benutzung. Das EUIPO gab dem Antrag teilweise statt und löschte die Marke in Bezug auf alle Waren außer „Automobile“. Beide Parteien erhoben Rechtsmittel gegen diese Entscheidung. Die Beschwerdekammer des EUIPO gab dem Antragsteller in vollem Umfang Recht und erklärte die Marke TESTAROSSA für alle eingetragenen Waren für verfallen.

Gegen diese Entscheidung klagte Ferrari vor dem EuG.

 

Entscheidung:

Das EuG hob die Entscheidung des EUIPO auf.

Das EuG stellte klar, dass auch der Verkauf gebrauchter Produkte durch autorisierte Händler eine rechtserhaltende Markenbenutzung darstellen kann, sofern dieser mit (auch nur stillschweigender) Zustimmung des Markeninhabers erfolgt. Ferrari hatte nachgewiesen, dass autorisierte Vertragshändler in mehreren EU-Staaten Second-Hand-Modelle der Testarossa-Reihe verkauften und hierfür Ferrari-typische Zertifizierungsdienste in Anspruch nahmen. Diese Umstände deuteten laut Gericht auf eine konkludente Zustimmung Ferraris hin.

Ferrari bietet gegen Entgelt eine „Zertifizierung der Echtheit“ gebrauchter Testarossa-Fahrzeuge an. Diese Leistung wurde vom Gericht als echte Benutzung der Marke TESTAROSSA anerkannt, da sie eng mit dem Fahrzeug selbst und seinem Wert am Markt verknüpft ist; insbesondere in Anbetracht des exklusiven Charakters der Fahrzeuge.

Auch in Bezug auf die Benutzung der Marke TESTAROSSA für Original-Ersatzteile und Zubehör erkannte das EuG eine rechtserhaltende Benutzung an. Insbesondere bei originalen Teilen sei ein unmittelbarer Zusammenhang mit der Herkunft des Produkts gegeben. Die wirtschaftliche Relevanz sei für die markenrechtliche Betrachtung nicht ausschlaggebend.

 

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