OLG Wien-Entscheidung vom 28.10.2024, 33 R 101/24a

 

Sachverhalt:

Die Antragstellerin beantragte beim Patentamt, gestützt auf die §§ 32 und 34 MSchG, die Löschung der Marke der Antragsgegnerin mit einer Wirkung ex tunc (rückwirkend). Die Antragsgegnerin erklärte fristgerecht, auf die Marke zu verzichten. Daraufhin löschte das Patentamt die Marke der Antragsgegnerin nach § 29 Abs 1 Z 1 MSchG, das heißt mit einer Wirkung ex nunc (Wirkung ab jetzt, nicht rückwirkend). Die Antragstellerin erklärte daraufhin ein rechtliches Interesse an der Durchführung des Verfahrens, weil in einem Markenverletzungsverfahren vor dem Handelsgericht Wien die Frage relevant sei, ob die Marke ex tunc oder ex nunc weggefallen sei. Die Antragstellerin habe weiterhin ein Interesse daran, dass die Marke der Antragsgegnerin mit der Wirkung ex tunc wegfalle. Daraufhin setzte das Patentamt das Verfahren fort und gab dem Antrag auf Löschung mit Wirkung ex tunc statt.

Die Antragstellerin wurde zum Kostenersatz verpflichtet. Dagegen richtete sich der Rekurs der Antragstellerin.

 

Entscheidung:

Das OLG Wien gab dem Rekurs teilweise Folge.

Das OLG stimmte der Antragstellerin darin zu, dass kein Fall des § 117 PatG vorliegt. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Patentamt dem Antrag auf Löschung mit Wirkung ex tunc stattgegeben. Dabei handelt es sich jedoch um keine Einstellung des Verfahrens im Sinn des § 117 PatG; eine solche käme nur im Rahmen des Vorverfahrens in Betracht, wenn das Patent, oder hier die Marke, etwa auf Antrag des Inhabers nach § 29 Abs 1 Z 1 MSchG mit einer Wirkung ex nunc erlischt und das Verfahren nach der Löschung nicht durchgeführt wird. Diese von der Rechtsabteilung beschlossene Löschung hat aber nicht zur Einstellung des (Nichtigkeits-)Verfahrens geführt.

Nach § 35 Abs 5 MSchG iVm § 122 MSchG ist über den Ersatz der Verfahrens- und Vertretungskosten im Verfahren vor der Nichtigkeitsabteilung in sinngemäßer Anwendung der §§ 40 bis 55 ZPO zu entscheiden. Nach § 45 ZPO fallen die Prozesskosten dem Kläger zur Last, wenn der Beklagte durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage keine Veranlassung gegeben und den in der Klage erhobenen Anspruch sofort bei erster Gelegenheit anerkannt hat.

Die Voraussetzung für die Anwendung der Kostenersatznorm des § 45 ZPO iVm § 35 Abs 5 MSchG und § 122 PatG ist ein sofortiges, das heißt bei erster Gelegenheit abgegebenes vorbehaltloses Anerkenntnis. Ein solches hat die Antragsgegnerin nicht abgegeben:

Die Antragsgegnerin erklärte lediglich, dass sie „gänzlich“ und „mit sofortiger Wirkung“ auf die Marke und ihre Markenrechte verzichte und die Löschung beantrage. Erst später erkannte sie gegenüber der Nichtigkeitsabteilung an, dass die Marke ex tunc gelöscht werden könne. Dazu hat sie weiters ausgeführt, die Aufgabe der Markenrechte sei stets ex tunc gemeint gewesen.

Diese Klarstellung im Nachhinein ändert nichts daran, dass die Antragsgegnerin eine Aufgabe ihrer Markenrechte mit einer Wirkung ex tunc erstmals im späteren Verlauf des Verfahrens erklärt hat. Schon mangels Anerkenntnisses bei erster Gelegenheit scheitert daher ein Kostenzuspruch.

Daher steht der Antragstellerin Kostenersatz für das Verfahren vor der Nichtigkeitsabteilung des Patentamts zu.

 

Link zur Entscheidung

 

Weitere Blog-Beiträge:

Patent läuft während Gerichtsverfahren ab: Gericht hat (ursprüngliche) Berechtigung als Vorfrage für Kostenersatz zu klären.

Übertragungserklärung für eine Marke unter Druck unterschrieben? Vom Patentamt nicht zu berücksichtigen.

Unterbrechungsbeschluss nach § 156 PatG verkürzt Revisionsfrist auf 1 Monat. Rechtsirrtum führte zu Fristversäumung = grob fahrlässig.

Eine auf § 14 Abs 4 MSchG gestützte Nebenintervention eine einfache und keine streitgenössische Nebenintervention.

Widerspruchsverfahren: Marke wurde Verfahrensgegner jahrelang zur Verfügung gestellt. Kein Einwand der Löschungsreife infolge Nichtbenutzung.

Keine Äußerung im Widerspruchsverfahren: Neuerungsverbot im Rechtsmittelverfahren. Inhaltliches Vorbringen im Rekursverfahren verspätet.