OLG Wien Entscheidung vom 15.6.2023, 33 R 139/22m

 

Sachverhalt:

In diesem Verfahren ging es um die Verletzung eines Patents. Die Klägerin beantragte die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, wonach es den Beklagten aufgetragen werden möge, es ab sofort zu unterlassen, im Gebiet der Republik Österreich eine Anlage für die sichere Durchführung von Transaktionen zwischen informationsverarbeitenden Systemen zu verwenden […]. Die Klägerin sei Inhaberin eines europäischen Patents, welches in Österreich validiert sei.

Die Klage sowie der EV-Antrag wurden im Laufe des Verfahrens aber unter Anspruchsverzicht zurückgezogen, da das Klagepatent im Laufe des (sehr lange dauernden) Verfahrens abgelaufen war.

Das Erstgericht verpflichtete die Klägerin daraufhin zum Kostenersatz, die gegen diese Entscheidung Rekurs erhob.

 

Entscheidung:

Das OLG Wien befand den Rekurs der Klägerin für berechtigt. Im Fall der Klageeinschränkung auf Kosten liegt zwar ein formales Unterliegen des Klägers vor, im Hinblick auf die Kostenentscheidung ist jedoch zu fragen, aus welchen Gründen eingeschränkt wurde. Kommen die Gründe der Klageeinschränkung einem Obsiegen gleich, wird der Beklagte voll ersatzpflichtig; kommt die Einschränkung hingegen einer Aufgabe des Klageanspruchs gleich, wird der Kläger ersatzpflichtig.

Die Klägerin begründete die Zurückziehung mit dem Ablauf des Klagepatents, der aber erst während des Verfahrens eingetreten sei. (Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin den Sicherungsantrag nahezu zweieinhalb Jahre vor Ablauf des Schutzes des Klagepatents gestellt.) Zum Zeitpunkt der Antragstellung sei der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach Ansicht der Klägerin berechtigt gewesen, weshalb ihr die Kosten des Provisorialverfahrens zu ersetzen seien. Bei objektiver Auslegung war daher von einer Antragseinschränkung auf Kosten auszugehen.

Das OLG befand die Frage des Ersatzes der Kosten des Provisorialverfahrens im Gesetz für sehr undeutlich und mangelhaft geregelt. Aus § 393 Abs 1 EO ist zu schließen, dass die gefährdete Partei jedenfalls zunächst auch im Falle ihres Erfolgs keinen Kostenzuspruch erhält. Erst im Hauptverfahren ergibt sich, welche Partei Anspruch auf Kostenersatz hat.

Das Verfahren wurde daher an das Erstgericht zurückverwiesen. Dieses wird im weiteren Verfahren zur (ursprünglichen) Berechtigung des Sicherungsantrags als Vorfrage für den Kostenersatz die erforderlichen Feststellungen zu treffen haben, auf deren Grundlage in der Folge eine Entscheidung getroffen werden kann, ob die klagende Partei im Provisorialverfahren als obsiegend anzusehen ist.

 

Link zum Entscheidungstext

 

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