EuG-Urteil vom 24.9.2025, T‑406/24

 

Sachverhalt:

Die deutsche Manufaktur Jörg Geiger GmbH, Produzent von Schaumweinen (mit und ohne Alkohol), hatte im Jahr 2015 die Unionswortmarke „PriSecco“ für Waren der Klasse 32 („Cocktails, nicht alkoholisch“) eintragen lassen. Gegen diese Marke wandte sich das Consorzio di Tutela della Denominazione di Origine Controllata „Prosecco“. Der Antrag auf Nichtigerklärung stützte sich auf die geschützte Ursprungsbezeichnung Nr. PDO-IT-A0516 „Prosecco“.

Die Löschungsabteilung des EUIPO erklärte die Marke „PriSecco“ im Jahr 2022 für nichtig. Die Manufaktur Geiger legte hiergegen Beschwerde ein. Die Beschwerdekammer bestätigte jedoch 2024 die Entscheidung: Der durchschnittliche europäische Verbraucher verbinde beim Anblick von „PriSecco“ unmittelbar den Eindruck von „Prosecco“.

Daraufhin klagte die Markeninhaberin beim Gericht der Europäischen Union (EuG).

 

Entscheidung:

Das EuG wies die Klage vollständig ab. Es stellte zunächst klar, dass auf den Fall die ältere Verordnung (EG) Nr. 207/2009 in ihrer damals gültigen Fassung anzuwenden sei. Danach können auch geschützte Ursprungsbezeichnungen als ältere Rechte gegen jüngere Unionsmarken geltend gemacht werden. Maßgeblich sei zudem, dass die Ursprungsbezeichnung „Prosecco“ bereits seit 2009 unionsweit geschützt ist und damit zeitlich vor der Anmeldung der Marke „PriSecco“ im Jahr 2015. Der Hinweis der Klägerin auf die Seniorität einer deutschen Marke „PriSecco“ aus dem Jahr 2008 ändere daran nichts, da diese nur die Fortführung bestimmter Rechte im nationalen Kontext sichere, jedoch nicht den unionsrechtlichen Schutz einer g.U. aushebeln könne.

Weiter bestätigte das EuG, dass die Bezeichnung „Prosecco“ eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung habe und weit über einen lokalen Bezug hinausgehe. Produktions- und Exportzahlen belegten, dass der Name europa- und weltweit für ein bestimmtes italienisches Weinprodukt stehe.

Nach Auffassung des EuG ruft das Zeichen „PriSecco“ beim Durchschnittsverbraucher unweigerlich die Vorstellung von „Prosecco“ hervor. Beide Bezeichnungen bestehen aus acht Buchstaben, wobei sieben identisch und in derselben Reihenfolge angeordnet sind. Damit erscheint „PriSecco“ wie eine bloße Schreibvariante von „Prosecco“. Auch wenn die betroffenen Waren (alkoholfreie Cocktails einerseits und Schaumwein andererseits) nicht identisch sind, überschneiden sich ihre Konsum- und Vermarktungssituationen: Beide werden etwa als Aperitif angeboten und stehen im Handel oder in der Gastronomie nebeneinander. Nach der Rechtsprechung genügt bereits diese Nähe, um eine unzulässige Nachahmung oder Anspielung im Sinne von Art 103 Abs 2 lit b der VO 1308/2013 anzunehmen.

Das Gericht bestätigte daher die Entscheidung des EUIPO und hielt die Nichtigerklärung der Unionsmarke „PriSecco“ aufrecht.

 

 

 

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