EuGH-Urteil vom 8.5.2014, Rechtssache C‑35/13

Die vorliegende Entscheidung betrifft die Auslegung von Art. 2 der VO 2081/92 (in der durch die VO 535/97 geänderten Fassung) zum Schutz von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel. Agrarprodukte und Lebensmittel die nach der (nunmehr geltenden) VO 1151/2012 registriert worden sind, sind gemäß Art. 13 dieser VO vor jedem Missbrauch des Namens oder Nachahmung rechtlich geschützt, selbst wenn der richtige Herkunftsort angegeben ist. Grafische Zeichen bzw. Logos weisen auf EU-weit geschützte Herkunftsbezeichnungen hin.

Ausgangsverfahren:

Als „Salame Felino“ wird eine ausschließlich aus Schweinefleisch bestehende Wurst bezeichnet. Ihr Name rührt von der Gemeinde Felino (Italien) her, die sich in der Provinz Parma (Italien) befindet.

Die Associazione fra produttori brachte eine Klage gegen die Kraft Jacobs Suchard SpA vor dem Tribunale di Parma Klage wegen unlauteren Wettbewerbs ein, mit der Begründung, dass diese Gesellschaft eine Wurst unter dem Namen „Salame Felino“ verkauft habe, obwohl diese außerhalb der Region Parma hergestellt worden sei, nämlich in Cremona (Italien) in der Lombardei. Das Erstgericht entschied, dass sich die Associazione fra produttori nicht auf die Verordnung Nr. 2081/92 berufen könne, da die Bezeichnung „Salame Felino“ weder eine geschützte Ursprungsbezeichnung noch eine geschützte geografische Angabe im Sinne dieser Verordnung darstelle. Dennoch wurde Kraft Jacobs Suchard (später: Kraft Foods) wegen unlauteren Wettbewerbs verurteilt (gestützt auf eine andere Rechtsgrundlage). Gegen dieses Urteil wurde Berufung eingelegt. Die Corte dʼAppello di Bologna wies die Berufung zurück. Kraft Foods legte dagegen Kassationsbeschwerde ein. Denn das in der VO 2081/92 vorgesehene System des Schutzes von Ursprungsbezeichnungen stehe einer nationalen Regelung entgegen, die ohne Eintragung auf Gemeinschaftsebene ein ausschließliches Recht zur Verwendung einer Ursprungsbezeichnung verleihe. Jedenfalls setze der Schutz einer Ursprungsbezeichnung voraus, dass es eine genaue Regelung gebe, an der es im Ausgangsverfahren aber fehle.

Die Corte suprema di cassazione setzte das Verfahren daher aus und legte dem EuGH zur Vorabentscheidung zusammengefasst die Frage vor, ob die  VO 2081/92 dahin auszulegen ist, dass sie eine Schutzregelung für eine geografische Bezeichnung schafft, die nicht auf Gemeinschaftsebene eingetragen ist.

Entscheidung:

Der EuGH antwortete, dass die VO keine Schutzregelung für eine geografische Bezeichnung schafft, die nicht auf Gemeinschaftsebene eingetragen ist, dass aber eine solche Bezeichnung gegebenenfalls mittels einer nationalen Regelung in Bezug auf geografische Bezeichnungen für Erzeugnisse, bei denen kein besonderer Zusammenhang zwischen ihren Eigenschaften und ihrer geografischen Herkunft besteht, geschützt werden kann, sofern zum einen die Umsetzung dieser Regelung die mit der  VO 2081/92 verfolgten Ziele nicht beeinträchtigt und zum anderen die Regelung nicht gegen das den freien Warenverkehr betreffende Verbot in Art. 28 EG verstößt; dies zu prüfen ist Sache des nationalen Gerichts.

Da feststeht, dass die fragliche geografische Bezeichnung im streitgegenständlichen Zeitraum nicht auf Gemeinschaftsebene eingetragen war, ist festzustellen, dass sich die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Vereinigung von Herstellern (Kläger) keinesfalls auf der Grundlage der  VO 2081/92 auf das ausschließliche Recht berufen kann, in der gesamten Union eine solche geografische Bezeichnung zu nutzen.