OGH-Entscheidung vom 27.5.2025, 9 Ob 55/25s
Sachverhalt:
Die Klägerin unterzog sich beim beklagten Arzt einer kosmetischen Nasenoperation (Rhinoplastik). Die Operation erfolgte unstrittig lege artis, jedoch klagte die Patientin nachträglich über Schmerzen am Nasenrücken, insbesondere beim Tragen einer Brille. Ursache war ein minimal überstehender Nasenscheidewandknorpel, der in einer Revisionsoperation entfernt werden musste.
Im Vorfeld der Operation hatte der Beklagte an zwei Terminen ausführliche Aufklärungsgespräche mit der Klägerin geführt. Dabei unterließ er es jedoch, auf ein spezielles Risiko hinzuweisen: dass bei einer Rhinoplastik trotz korrekter Technik ein kleiner Knorpelrest zurückbleiben kann, der später Druckschmerzen verursacht.
Die Klägerin begehrte daraufhin Schadenersatz in Höhe von EUR 19.300 sowie die Feststellung der Haftung für zukünftige Schäden. Sie stützte sich auf eine Verletzung der ärztlichen Aufklärungspflicht gemäß § 5 ÄsthOpG. Der Arzt bestritt eine relevante Pflichtverletzung.
Entscheidung:
Das Erstgericht wies die Klage ab: Zwar habe der Arzt das konkrete Risiko nicht erwähnt, dieses sei jedoch nicht kausal für den Schaden, da die Klägerin selbst bei vollständiger Aufklärung in die Operation eingewilligt hätte (rechtmäßiges Alternativverhalten). Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung. Der OGH wies die Revision der Klägerin als unzulässig zurück und bestätigte die Entscheidungen der Vorinstanzen.
Der OGH verwies auf seine ständige Rechtsprechung, wonach der Arzt bei einer Aufklärungspflichtverletzung grundsätzlich nur für die Verwirklichung jenes Risikos haftet, über das er hätte aufklären müssen. Zwar führt eine mangelhafte Aufklärung nach dem Ästhetische-Operationen-Gesetz (ÄsthOpG) dazu, dass der Eingriff als rechtswidriger Eingriff in die körperliche Integrität zu beurteilen ist. Allerdings kann der Arzt auch in solchen Fällen den Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens erheben, also nachweisen, dass der Patient auch bei ausreichender Aufklärung in die Operation eingewilligt hätte.
Da im vorliegenden Fall feststand, dass sich die Patientin auch bei vollständiger Aufklärung für die Operation entschieden hätte, scheiterte ihr Schadenersatzanspruch am fehlenden Kausalzusammenhang zwischen der mangelhaften Aufklärung und dem eingetretenen Schaden.
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