OGH-Entscheidung vom 17.1.2025, 6 Ob 74/24m
Sachverhalt:
Die Parteien schlossen einen als „Vorvertrag“ bezeichneten schriftlichen Vertrag, wonach sie gemeinsam Software-Produkte entwickeln und am Markt etablieren wollten. Nach Erzielung nennenswerter Einnahmen sollte eine GmbH gegründet werden, an der die Klägerin für ihre Softwareentwicklung 20% der Anteile erhalten sollte. Die Beklagten sollten für ihre Beiträge (Idee, Konzept, Kernprodukt, Vermarktung) die restlichen Anteile bekommen.
Eine Entgeltvereinbarung für die Entwicklungsleistungen wurde nicht getroffen – der Klägerin war bekannt, dass die Beklagten dafür keine Mittel hatten. Als die Klägerin später wegen gestiegenen Entwicklungsaufwands eine höhere GmbH-Beteiligung forderte, lehnten die Beklagten dies ab. Daraufhin kam es nicht zur GmbH-Gründung, die Beklagten kündigten die Zusammenarbeit und die Klägerin übergab die unfertige Software nicht.
Die Klägerin machten ihren Entgeltanspruch schließlich vor Gericht geltend.
Entscheidung:
Die Vorinstanzen gingen vom Vorliegen einer GesbR aus. Das Berufungsgericht war der Auffassung, die Klägerin habe ihre Softwareentwicklungsleistungen nicht in Erfüllung eines synallagmatischen Vertrags erbracht. In Ermangelung eines vereinbarten Leistungsaustauschs bestehe der von der Klägerin geltend gemachte Entgeltanspruch nicht.
Der OGH wies die außerordentliche Revision der Klägerin zurück. Er bestätigte die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass eine GesbR vorlag. Eine solche liegt vor, wenn mit dem Vertrag ein gemeinsamer wirtschaftlicher Vorteil angestrebt wird und jedes Mitglied verpflichtet ist, die Erreichung des gemeinsamen Zwecks zu fördern.
Ein Entgeltanspruch für die Softwareentwicklung bestand auch nach Ansicht des OGH nicht.
Es wurde kein synallagmatischer Vertrag (Leistungsaustausch) vereinbart, sondern die Parteien wollten gemeinsam ein marktreifes Produkt entwickeln. Die Klägerin sollte dafür eine GmbH-Beteiligung erhalten. Die Regelung im Vorvertrag über Ablöseverhandlungen bei Scheitern der GmbH-Gründung bedeutete nicht, dass die Entwicklungsleistungen nach Stundensatz zu vergüten wären. Vielmehr sollte dann die Auseinandersetzung der erbrachten Leistungen einer späteren Vereinbarung vorbehalten bleiben. Mangels Geltendmachung in der Berufung konnte die Klägerin auch keine Bereicherungs- oder Schadenersatzansprüche mehr erheben.
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