BGH-Urteil vom 27. Juni 2024 – I ZR 102/23
Sachverhalt:
Der Kläger ist Schriftsteller. Im Jahr 2013 verhandelte er mit der Beklagten darüber, dass diese das Lektorat für sein neues Buch übernehmen sollte. Das Buch wurde im Jahr darauf im Eigenverlag des Klägers veröffentlicht. Sechs Jahre später wandte sich die Beklagte wie folgt an den Kläger:
„… hiermit teile ich Ihnen mit, dass ich mein gesetzliches Urheberrecht am Werk […] mit sofortiger Wirkung für mich beanspruche. Da ich mit Ihnen weder einen schriftlichen Vertrag noch eine sonstige abschließende Vereinbarung getroffen habe, werde ich meine bestehenden Ansprüche vollumfänglich geltend machen. Dazu zählen insbesondere mir zustehende Lizenzzahlungen sowie meine Autorenschaft. … Ich fordere Sie zudem auf, sich nicht mehr weiter als Autor des Werkes zu bezeichnen.“
Mit anwaltlichem Schreiben ließ der Kläger die Beklagte auffordern, es gegenüber Dritten zu unterlassen, wortgleich oder sinngemäß zu behaupten, der Kläger sei nicht der Autor des Werkes „Der verratene Himmel“ und/oder sich selbst gegenüber Dritten als Autorin oder Ghostwriterin des Buches zu bezeichnen.
Der Kläger beanstandete vor Gericht (u.a.) die Äußerungen der Beklagten als eine Verletzung seines Rechts auf Anerkennung der Urheberschaft gemäß § 13 dUrhG. Gemäß § 13 Satz 1 dUrhG hat der Urheber das Recht auf Anerkennung seiner Urheberschaft am Werk. Dieses Recht verleiht dem Urheber die Befugnis, gegen jeden vorzugehen, der ihm seine Urheberschaft streitig macht. Ein Eingriff in das Anerkennungsrecht liegt sowohl bei einem ausdrücklichen oder konkludenten Bestreiten als auch bei einer eigenen Anmaßung der Urheberschaft an einem Werk vor.
Entscheidung:
Das Erstgericht wies die Klage ab. Auch das Berufungsgericht sah die Klage als unbegründet an. Zwar komme bei einem Bestreiten der Urheberschaft grundsätzlich ein Unterlassungsanspruch gemäß § 97 Abs. 1 UrhG in Verbindung mit § 13 UrhG in Betracht. Voraussetzung hierfür sei allerdings, dass ein derartiges Bestreiten nicht nur inter partes gegenüber dem Urheber erfolge, sondern dass die Äußerung verbreitet und dadurch öffentlich werde oder jedenfalls die Erstbegehungsgefahr einer solchen Verbreitung bestehe.
Die dagegen gerichtete Revision des Klägers hatte keinen Erfolg. Allerdings aus einem anderen Grund. Die vom Berufungsgericht fehlerhaft beurteilte Frage der Verletzung des Rechts auf Anerkennung der Urheberschaft gemäß § 13 Satz 1 dUrhG durch Äußerungen, die allein gegenüber dem Urheber selbst getätigt und die auch nicht an Dritte verbreitet werden, war nicht Gegenstand des Rechtsschutzbegehrens des Klägers. Nach dem eindeutigen Wortlaut des Unterlassungsantrags umfasste das beanstandete Verhalten allein die Urheberschaft des Klägers bestreitende und/oder sich selbst die Urheberschaft anmaßende Behauptungen „gegenüber Dritten“ und/oder deren „Verbreitung„.
Der deutsche Bundesgerichtshof hielt in seiner Entscheidung jedoch fest, dass die geschützte Anerkennung der Rechtsposition als Werkschöpfer nach dem gebotenen umfassenden Verständnis unabhängig davon beeinträchtigt wird, ob das Bestreiten oder die Anmaßung der Urheberschaft lediglich gegenüber dem Urheber selbst zum Ausdruck gebracht wird oder ob die bestreitende oder anmaßende Äußerung auch gegenüber Dritten verbreitet wird. Im Wortlaut des § 13 dUrhG findet sich für eine einschränkende Auslegung des Anerkennungsrechts des Urhebers kein Anhaltspunkt.
Das urheberrechtliche Anerkennungsrecht ist folglich auch im Zweipersonenverhältnis zwischen dem Äußernden und dem betroffenen Rechtsträger gewährleistet.
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