OGH-Entscheidung vom 28.9.2021, 4 Ob 147/21b

 

Sachverhalt:

Die beklagte Partei betreibt Supermärkte. Während der Geltungsdauer bestimmter COVID-19-Schutzmaßnahmen verkaufte sie diverse Non-Food-Artikel wie Spielwaren, Elektrogeräte, DVD, Gartenwerkzeug.

Der Kläger, ein Verein zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, klagte auf Unterlassung und beantragte die Erlassung einer einstweiligen Verfügung. Die Beklagte verstoße im pandemiebedingten Lockdown gegen Betretungsverbote und Warensortimentsverkaufsbeschränkungen der COVID-19-Schutzmaßnahmenregelungen. Der Kläger stützt sein Begehren auf den Tatbestand des unlauteren Rechtsbruchs nach § 1 Abs 1 Z 1 UWG.

 

Entscheidung:

Die Vorinstanzen wiesen den Sicherungsantrag ab. Der OGH befand den dagegen erhobenen Revisionsrekurs des Klägers für unzulässig.

Ein auf Rechtsbruch gestützter Unterlassungsanspruch setzt einen Verstoß gegen eine bestimmte generelle abstrakte Norm voraus, auf die sich das Sachvorbringen der klagenden Partei bezieht. Im vorliegenden Fall bezog sich der Kläger ausschließlich auf eine konkrete Bestimmung der 4. COVID-19-Schutzmaßnahmen-VO idF der 6. Novelle zur 4. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung. Diese Bestimmung trat mit 1. April 2021 in Kraft und mit Ablauf des 2. Mai 2021 wieder außer Kraft. Somit galt die Norm zwar zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens im April 2021, nicht allerdings zum Zeitpunkt der erstgerichtlichen Entscheidung (7. Mai 2021).

Der OGH hat im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten der UWG-Novelle 2007 bereits mehrfach ausgesprochen, dass ein in die Zukunft wirkendes Verbot nur dann erlassen werden kann, wenn das beanstandete Verhalten im Zeitpunkt der Entscheidung auch nach der neuen Rechtslage unlauter ist. Das gilt nach der Rechtsprechung auch dann, wenn sich zwar nicht die lauterkeitsrechtliche Bestimmung, wohl aber die dem Rechtsbruchtatbestand zugrunde liegende Norm geändert hat. Auch hier ist ein Verbot nur möglich, wenn das beanstandete Verhalten auch nach neuer Rechtslage unzulässig ist.

Stützt sich ein Sicherungsbegehren auf einen nach alter Rechtslage verwirklichten Lauterkeitsverstoß und ändert sich noch während des Verfahrens die Rechtslage, so ist die Berechtigung eines begehrten Unterlassungsgebots auch am neuen Recht zu messen. Denn dieses Gebot soll seinem Wesen nach ein in der Zukunft liegendes Verhalten erfassen und kann daher nur dann erlassen werden, wenn das darin umschriebene Verhalten auch nach der neuen Rechtslage verboten ist.

Die maßgebliche Rechtslage änderte sich bereits vor dem erstinstanzlichen Entscheidungszeitpunkt. Die in der genannten Bestimmung ursprünglich angeführte Warensortimentsbeschränkung galt nur bis zum 2. Mai 2021. Mit Ablauf dieses Tages war das beanstandete Verhalten jedenfalls nicht unzulässig. Schon aus diesem Grund kommt die Erlassung des begehrten Verbots nicht in Betracht.

 

 

Link zum Entscheidungstext

 

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