OGH-Entscheidung vom 24. Juni 2014, 4 Ob 59/14a

Sachverhalt:

Die Klägerin ist ein Reiseveranstalter mit Sitz in München und bietet – auch in Österreich – Pauschalreisen an.

Die Beklagte betreibt seit mehreren Jahrzehnten ein Reisebüro mit Sitz in Oberösterreich. Für die Akquisition von Kunden wirbt sie unter anderem mit günstigen Pauschalreisen, so auch auf ihrer Internetseite. Dort wird ihr Firmenname, der im Firmenbuch mit „N***** e.U.“ eingetragen ist, unter der Rubrik „Kontakt“ mit „N***** e.U.“ angegeben, unter der Rubrik „Impressum“ mit „Reisebüro R***** N*****“. Sowohl auf der Homepage der Beklagten als auch auf den Plattformen „Facebook“ und „Google Plus“, mit welchen die Beklagte multimedial verknüpft ist, fehlen Informationen über Firmenbuchnummer, Firmenbuchgericht, Aufsichtsbehörde, anwendbare gewerberechtliche Vorschriften und Kammermitgliedschaft; auf den genannten Plattformen fehlt auch eine Information über den Firmenwortlaut. Wird der Reisekatalog von der Homepage heruntergeladen, findet sich darin nur ein Hinweis auf die geltenden Reisebedingungen (ARB 1992); eine Speichermöglichkeit bzw Wiedergabe dieser Bestimmungen ist für den Nutzer nicht möglich.

Die Kunden der Beklagten können deren Reisen in den Geschäftsräumlichkeiten der Beklagten buchen und im Internet Buchungsanfragen absenden. Eine Buchungsmöglichkeit im Internet besteht nicht; hierfür müsste zuerst ein Anmeldeformular ausgefüllt und personenbezogene Daten bekannt gegeben werden. Die Beklagte hat keine aktive Meldung bei der Datenschutzkommission betreffend die Verwendung und Verarbeitung solcher nutzerseitig zur Verfügung gestellter Daten erstattet. Die Beklagte bezeichnet sich auf ihrer Homepage als „vollkonzessioniertes Reisebüro“.

Die Klägerin klagte auf Unterlassung und beantragte die Erlassung einer einstweiligen Verfügung. Die Beklagte habe unzulässigerweise nach dem ECG bestehende Informationspflichten verletzt, keine Meldung bei der Datenschutzkommission vorgenommen und mit den Worten „vollkonzessioniertes Reisebüro“ geworben, obwohl es sich beim Reisebürogewerbe um ein reglementiertes Gewerbe handelt.

Entscheidung:

Erst- und Rekursgericht wiesen den Sicherungsantrag ab. Der OGH gab dem dagegen erhobenen Revisionsrekurs teilweise Folge:

Tatsächlich verstößt die Beklagte gegen § 5 Abs 1 Z 1, 4, 5 und 6 ECG, wenn sie auf ihrer Homepage bzw den damit verknüpften Plattformen „Facebook“ und „Google Plus“ nicht alle dort aufgezählten Angaben (Firmenname, Firmenbuchnummer, Firmenbuchgericht, zuständige Aufsichtsbehörde, zuständige Kammer samt anwendbare gewerbe- oder berufsrechtliche Vorschriften und den Zugang zu diesen) ersichtlich macht.

Dieses Verhalten ist geeignet, es Vertragspartnern der Beklagten schwerer zu machen, vertragliche Ansprüche gegen diese geltend zu machen, weil ohne die in § 5 Abs 1 Z 1, 4, 5 und 6 ECG genannten Angaben die rasche und mühelose Kontaktaufnahme zur Beklagten und/oder deren Aufsichtsbehörde oder Kammer zwecks Beschwerden verhindert und so eine in Aussicht genommene Rechtsverfolgung erschwert wird. Damit wird die Beklagte im Wettbewerb gegenüber rechtstreuen Mitbewerbern begünstigt und der Tatbestand nach § 1 Abs 1 Z 1 UWG verwirklicht. Zugleich ist auch der Irreführungstatbestand erfüllt, weil auch das Ausüben vertraglicher Rechte eine „geschäftliche Entscheidung“ (§ 1 Abs 4 Z 7 UWG) ist, die durch die unterbliebenen Angaben beeinflusst wird; die Relevanz ist daher zu bejahen. Für das Fehlen der Angaben betreffend die Aufsichtsbehörde und die anwendbaren gewerbe- oder berufsrechtlichen Vorschriften gilt dies gleichermaßen.

Der behauptete Verstoß der Beklagten gegen § 11 ECG (Möglichkeit zur Speicherung und Wiedergabe von Vertragsbestimmungen und Allgemeinen Geschäftsbedingungen) liegt hingegen nicht vor, da die Website nur der Werbung dient, ohne dass Verträge auf elektronischem Weg abgeschlossen werden können. Für die Anwendung der §§ 9 ff ECG und damit auch des § 11 ECG ist daher kein Raum. Letzteres ist hier der Fall, weil nach den Feststellungen keine Buchungsmöglichkeit im Internet besteht. Damit erweist sich das Unterlassungsbegehren nur hinsichtlich § 5 ECG als berechtigt.

Ein Verstoß gegen das Datenschutzgesetz wegen der fehlenden Meldung an die Datenschutzkommission wurde zwar bejaht, das betreffende Unterlassungsbegehren aber dennoch abgewiesen. Eine Gesetzesverletzung liege zwar vor, aber es sei nicht ersichtlich, dass diese geeignet wäre, der Beklagten einen sachlich nicht gerechtfertigten Vorsprung vor gesetzestreuen Mitbewerbern zu verschaffen.

Betreffend der Aussage über das Vorliegen eines „vollkonzessionierten Reisebüros“ schloss sich der OGH dem Rekursgericht an. Die Beklagte täusche mit der beanstandeten Bezeichnung deshalb nicht über den Umfang ihrer Befugnis, da sie nur wahrheitsgemäß auf eine von ihr erworbene Befähigung (Konzession für das Reisebürogewerbe als Voraussetzung ihrer Gewerbeausübung nach der Rechtslage vor der GewRNov 2002) hinweist. Dass die Befähigung der Beklagten über jene anderer Reisebüros hinausgehe, wird damit – entgegen der im Rechtsmittel vertretenen Auffassung – nicht zum Ausdruck gebracht. Die verwendete Bezeichnung ist nicht geeignet, unrichtige Vorstellungen beim Verbraucher über den Umfang der Befähigung der Beklagten zur Ausübung ihres Gewerbes zu erwecken. Auch dieser Punkt des Sicherungsbegehrens wurde abgewiesen.