OGH-Entscheidung vom 11.8.2015, 4 Ob 93/15b

Sachverhalt:

Der Beklagte ist Inhaber einer Gewerbeberechtigung für Lebens- und Sozialberatung, eingeschränkt auf sportwissenschaftliche Beratung, daneben betreibt er das freie Gewerbe einer Event-Agentur und ein Handelsgewerbe. Der Beklagte verfügt über keine Schischulbewilligung. Der Beklagte gab dennoch Einheimischen und Touristen gegen Entgelt Unterricht im Schilanglauf, und zwar in einer für Langlaufschulen ganz typischen Weise. Dafür wurde der Beklagte bereits mit Straferkenntnis rechtskräftig wegen einer Verwaltungsübertretung bestraft. Von der Tiroler Wirtschaftskammer erhielt der Beklagte die Auskunft, dass er zwar Training, nicht aber Langlaufunterricht durchführen dürfe.

Der Tiroler Schischulverband klagte schließlich auf Unterlassung.

Entscheidung:

Erst- und Berufungsgericht gaben dem Klagebegehren statt und verboten dem Beklagten, in Tirol ohne Bewilligung nach § 5 TirSSG selbstständigen erwerbsmäßigen Unterricht im Schilaufen, insbesondere Langlaufen (Betrieb einer Spartenschischule), zu erteilen oder diese Tätigkeiten anzubieten.

Der OGH wies die ao. Revision des Beklagten zurück. Aus der Begründung:

Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Verstoß gegen eine nicht dem Lauterkeitsrecht im engeren Sinn zuzuordnende generelle Norm als unlautere Geschäftspraktik oder als sonstige unlautere Handlung im Sinne von § 1 Abs 1 Z 1 UWG zu werten, wenn die Norm nicht auch mit guten Gründen in einer anderen Weise ausgelegt werden kann, dass sie dem beanstandeten Verhalten nicht entgegensteht. Die Frage, ob die der beanstandeten Verhaltensweise des Beklagten zugrunde liegende Auslegung gesetzlicher Bestimmungen als mit guten Gründen vertretbar beurteilt werden kann, ist nach den Umständen des konkreten Einzelfalls zu beurteilen.

Unstrittig ist, dass der Beklagte nicht über eine Schilschulbewilligung nach § 5 Abs 1 TirSSG verfügt. Die vom Beklagten vertretene Auffassung, er überschreite den von seiner Gewerbeberechtigung für die Lebens- und Sozialberatung gesteckten Rahmen nicht, ist im Hinblick auf die ausgeübten Tätigkeiten des Beklagten unzutreffend. Die Tätigkeiten beschränken sich nicht bloß auf Training, sondern der Beklagten gibt Langlaufunterricht in verschiedenen Techniken sowohl für Einheimische als auch für Touristen in einer für Langlaufschulen typischen Weise. Gegen die Vertretbarkeit der Rechtsansicht des Beklagten, er führe lediglich Trainings im Rahmen der ihm erteilten Gewerbeberechtigung durch, spricht insbesondere der Umstand, dass über den Beklagten mit rechtskräftigem Straferkenntnis wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Tiroler Schischulgesetz eine Verwaltungsstrafe verhängt wurde.

Der Verfassungsgerichtshof hat sich bereits mit den Schischulgesetzen der Länder, insbesondere dem Schischulvorbehalt, beschäftigt und gegen deren Verfassungsmäßigkeit vorgetragene Bedenken nicht geteilt. Er nahm dabei insbesondere auf die Gefahren des Schilaufs Bezug, welche es rechtfertigen, diese Tätigkeit den Regelungen für den Schiunterricht und damit dem Schischulgesetz zu unterwerfen. Er bejahte ausdrücklich ein öffentliches Interesse an gesetzlichen Regelungen, die geeignet sind, mit der Abhaltung des Schiunterrichts und der Ausübung des Schisports verbundene Gefährdungen und Gefahren hintanzuhalten.

Der OGH hatte auch keine unionsrechtlichen Bedenken: Ein die Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit rechtfertigendes Allgemeininteresse ist im Hinblick auf das öffentliche Interesse an der Sicherheit beim Schifahren jedenfalls gerechtfertigt. Die mit der Bewilligungspflicht verbundene Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit ist zur Erreichung des angestrebten Ziels der Vermeidung von Gefahren beim Schilaufen (alpin oder nordisch) geeignet und nicht über dieses Ziel hinausschießend, weshalb die mit der Bewilligungspflicht verbundene Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit auch unionsrechtlich als verhältnismäßig anzusehen und daher zulässig ist.