EuGH-Urteil vom 10.7.2025, Rechtssache C‑322/24

 

Sachverhalt:

Die Streitparteien sind zwei spanische Unternehmen der Lebensmittelbranche. Die Klägerin ist Inhaberin einer bekannten Unionsmarke. Die Beklagte meldete ähnliche nationale Marken in Spanien an. Die Klägerin sah hierin eine rechtswidrige Annäherung an ihre bekannte Marke. In einem Abmahnschreiben vom 3. November 2016 forderte sie die Beklagte zur Unterlassung und zum Markenverzicht auf. Dies unter Hinweis auf konkrete Fristen zur Einleitung einer Nichtigkeitsklage (bis Anfang 2017).

Diese Fristen ließ die Klägerin verstreichen. Erst im November 2021 erhob sie Klage auf Nichtigerklärung der Marken der beklagten und stützte sich dabei nunmehr auf die Bösgläubigkeit der Beklagten bei deren Anmeldung. Diese habe damals Kenntnis von der bekannten Marke der Klägerin gehabt.

Die Beklagte berief sich auf Verwirkung durch Duldung (§ 61 UMV / Art  9 MarkenRL), da die Marke unbeanstandet seit über fünf Jahren verwendet wurde und man durch die Abmahnung mit Fristangabe auf eine Nichtgeltendmachung habe vertrauen dürfen.

Das spanische Gericht legte dem EuGH die Frage vor, ob eine solche Fristsetzung in einer Abmahnung als „Selbstbindung“ zu werten sei; dies mit der Folge, dass sich der ältere Markeninhaber später nicht mehr auf Bösgläubigkeit berufen könne.

 

Entscheidung:

Der EuGH stellte klar, dass Bösgläubigkeit bei der Anmeldung einer Marke einen absoluten Nichtigkeitsgrund darstellt. Dieser kann nicht verwirken; auch nicht durch Duldung.

Auch die Angabe einer konkreten Frist zur Klageerhebung in einer außergerichtlichen Abmahnung entfaltet keine Selbstbindung, die dem späteren Vorgehen wegen Bösgläubigkeit entgegenstünde, selbst wenn der ältere Markeninhaber bereits damals über entsprechende Kenntnisse verfügte.

Der EuGH machte deutlich: Wer bösgläubig eine Marke anmeldet, kann sich nicht auf Verwirkung berufen. Auch nicht bei längerem Zuwarten oder durch Fristsetzung in einer Abmahnung.

Markeninhaber behalten daher auch nach Ablauf der fünfjährigen Verwirkungsfrist und trotz zuvor gesetzter Fristen in Abmahnschreiben das Recht, sich dauerhaft auf die Bösgläubigkeit eines Dritten zu berufen.

 

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