OGH-Entscheidung vom 17.9.2014, 4 Ob 98/14m

Sachverhalt:

Ein Unternehmen meldete über seinen Gesellschafter und Geschäftsführer bis 2010  3.000 österreichische Marken und mehr als 450 Gemeinschaftsmarken an. Diese Marken hatten großteils beschreibenden Charakter. Tatsächlich registriert wurden nur 120 Marken. Die Marken bietet der Markeninhaber im Namen seiner Gesellschaften potentiell interessierten Unternehmen an. Er oder seine Gesellschaften richten aber auch Abmahnschreiben an Unternehmen, die ähnliche Zeichen verwenden.

Das Unternehmen (hier Klägerin) war Lizenznehmerin der Marken. Darunter auch eine österreichische Marke und eine Gemeinschaftsmarke, jeweils mit dem Wortlaut „FEELING“, geschützt für Fahrzeuge sowie deren Teile und Reifen.

Die Beklagte vertreibt Fahrzeuge in Österreich und bewarb das Model „Volvo C70“ unter anderem mit dem Wort „FEEL„.

Die Klägerin klagte daraufhin und begehrte u.a. Unterlassung, Rechnungslegung, Urteilsveröffentlichung.

Entscheidung:

Im Sicherungsverfahren erließ der Oberste Gerichtshof die beantragte einstweilige Verfügung (17 Ob 1/08h). Er bejahte Kennzeichnungskraft, kennzeichenmäßige Verwendung und Verwechslungsgefahr.

Im Hauptverfahren wurden Klage und (die zwischenzeitlich erhobene) Widerklage gemeinsam behandelt. Erst- und Berufungsgericht wiesen das Klagebegehren der Klägerin ab und gaben der Widerklage der Beklagten statt.

Ein demoskopisches Gutachten hatte ergeben, dass der in der Werbung verwendete Begriff „FEEL“ in keinster Weise als ein Volvo Modell verstanden wird. Auf dieser Grundlage stellte das Erstgericht fest, dass das in den Werbeinseraten der Beklagten verwendete Wort „FEEL“ von den Werbeadressaten nicht mit einer Automarke oder einem Automobil der Beklagten assoziiert werde.

Die Beklagte habe das Zeichen „FEEL“ erstmals auf einer Automobilmesse im Herbst 2005 – also vor der Anmeldung der Marken – verwendet. Das Erstgericht sah in der Verwendung des Wortes „FEEL“ durch die Beklagte im Übrigen keine kennzeichenmäßige Verwendung. Weiters habe der Gesellschafter und Geschäftsführer der Klägerin die Marke bösgläubig erworben und erst nach der ersten Verwendung durch die Beklagte als Marke angemeldet. Er selbst habe die Marke nie kennzeichenmäßig genutzt. Auch das OLG Frankfurt habe das Geschäftsmodell als sittenwidrig qualifiziert. Es liege eine Behinderung Dritter durch Spekulationsmarken vor. Weiters sei die Marke wegen fünfjähriger Nichtbenützung erloschen.

Die Klägerin erhob daraufhin außerordentliche Revision an den OGH.

Gemäß § 34 MSchG kann jedermann die Löschung einer Marke begehren, wenn der Anmelder bei der Anmeldung bösgläubig war. Dieser Löschungsgrund kann auch in Verletzungsverfahren aufgrund eines Einwands des Beklagten wahrgenommen werden und ist als Vorfrage zu prüfen. Die österreichische Lehre nimmt eine bösgläubige Markenanmeldung an, wenn Umstände darauf hindeuten, dass es dem Anmelder ohne eigenen Benutzungswillen hauptsächlich darum gehe, Dritte mit Unterlassungs- oder Geldforderungen zu überziehen, was nach quantitativen (Anmeldung einer Vielzahl von Marken), qualitativen (breites Waren- und Dienstleistungsverzeichnis) und gegebenenfalls auch zeitlichen Kriterien beurteilt werden solle.

Der OGH kam schließlich zu der Ansicht, dass eine Markenanmeldung auch dann bösgläubig ist, wenn sie ohne eigene Benutzungs- oder Vermarktungsabsicht erfolgt, sondern hauptsächlich dazu dient, dritte Unternehmen, die später gleiche oder ähnliche Zeichen nutzen, auf Unterlassung und Zahlung in Anspruch zu nehmen. Das ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Anmelder ohne konkrete Geschäftsbeziehung mit potentiellen Nutzern eine Vielzahl von Marken mit geringer oder fehlender Kennzeichnungskraft anmeldet, nur ein geringer Teil dieser Anmeldungen tatsächlich zu einer Registrierung führt und ein realistisches Geschäftsmodell für eine über das Geltendmachen von Unterlassungs- und Zahlungsansprüchen hinausgehende Nutzung dieser Marken nicht erkennbar ist.