OGH-Entscheidung vom 27.1.2023, 1 Ob 254/22t

 

Sachverhalt:

Ein Ehepaar ließ sich scheiden. Während der Ehe hatte sich das Paar einen Kater und eine weitere Katze angeschafft. Im Zuge des außerstreitigen Aufteilungsverfahrens war zu entscheiden, bei welchem ehemaligen Ehepartner die Tiere verbleiben sollten.

Der Mann gab an, eine stärkere gefühlsmäßige Bindung zu dem Kater zu haben. Die Frau habe das Tier bei ihrem Auszug aus der Ehewohnung heimlich mitgenommen und aus seinem gewohnten Umfeld gerissen. Dies sei „tierschutzrechtlich bedenklich“ und zeige, dass die Frau nicht in der Lage sei, sich um das Tier zu kümmern.

Die Frau sprach sich dagegen aus. Der Kater sei als „Ersatz“ für eine von ihr in die Ehe eingebrachte (verstorbene) Katze und daher „für sie“ angeschafft worden. Sie habe sich beinahe allein um den Kater gekümmert und zu ihm eine „wechselseitige“ enge emotionale Bindung aufgebaut. Der Mann habe kaum Interesse an ihm gezeigt. Die Ehegatten hätten vor dem Auszug der Frau vereinbart, dass sie den Kater und der Mann die (zweite) Katze bekommen soll.

 

Entscheidung:

Das Erstgericht wies beide Tiere dem Mann zu. Der Mann habe den Kater ursprünglich erworben; und damit dieser nicht allein sei, nahm das Paar damals noch eine weitere Katze auf. Die emotionale Bindung des Mannes zum Kater sei stärker als jene der Frau. Der Mann leistete für den anfangs „sozial auffälligen“ Kater „Erziehungsarbeit“ und spielte mit ihm.

Rechtlich führte das Erstgericht aus, dass für die Zuweisung von Haustieren nicht nur deren Wert, sondern vor allem die „emotionale Bindung des Tieres zu den Ehegatten und umgekehrt“ maßgeblich sei. Im konkreten Fall sei der Kater dem Mann zuzuweisen, weil dieser die engere emotionale Bindung zum Kater aufweise und die Frau dadurch, dass sie den Kater aus seinem gewohnten Umfeld verbracht habe, ihre eigenen Ansprüche über das Tierwohl gestellt habe.

Das Rekursgericht bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung über die Zuweisung der (zweiten) Katze an den Mann. Hinsichtlich des Katers hob es den angefochtenen Beschluss auf und verwies die Sache zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Gegen diese Entscheidung erhob der Mann mit Erfolg Revisionsrekurs an den OGH.

Haustiere sind für die nacheheliche Aufteilung wie eine Sache zu behandeln. Dies gilt auch angesichts der des § 285a ABGB, wonach Tiere keine Sachen sind. Während der Ehe erworbene „Familientiere“ unterliegen daher der Aufteilung nach den §§ 81 ff EheG. Dieser liegt idR eine wirtschaftliche Betrachtungsweise zugrunde. Für die Zuweisung eines Tiers ist daraus nichts zu gewinnen, wenn für die Ehegatten nicht dessen Vermögenswert im Vordergrund steht, sondern die gefühlsmäßige Bindung. Eine nacheheliche Zuweisung von Haustieren hat dennoch auch nach Billigkeit zu erfolgen. Dabei kommt es mangels erkennbarer Vermögensinteressen maßgebend darauf an, welcher Gatte die stärkere emotionale Beziehung zum Tier hat. Davon wäre nur abzuweichen, wenn eine solche Zuweisung mit tierschutzrechtlichen Bestimmungen unvereinbar wäre.

Nach den erstinstanzlichen Feststellungen hatte der Mann die intensivere Beziehung zum Kater. Diese Feststellungen wurden jedoch von der Frau bekämpft. Der OGH hob die Entscheidung daher auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Rekursgericht zurück.

 

Link zum Entscheidungstext

 

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