OGH-Entscheidung vom 27.11.2020, 2 Ob 142/20a

 

Sachverhalt:

Im Zuge eines Autounfalls wurde ein (mit Gurt gesicherter) Hund getötet. Der Unfall wurde vom Beklagten zumindest leicht fahrlässig verursacht.

Die Kläger begehrten vor Gericht die Zahlung von Trauerschmerzengeld von jeweils EUR 8.000. Es habe sich um ihren „Familienhund“ gehandelt. Sie hätten ihn wie ein Kind gepflegt, ihn täglich angezogen, alle „besonderen Ereignisse“ mit ihm gefeiert, ihm „spezielle Hundehotels, Hundesalons und Hundemoden sowie auch veganes Hundefutter und sogar Hundewellness“ zuteil werden lassen. Unter diesen Voraussetzungen bestehe – wie bei nahen Angehörigen – ein Anspruch auf Trauerschmerzengeld.

 

Entscheidung:

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und ließ die ordentliche Revision zu. Der OGH erachtete die Revision der Kläger zur Klärung der Rechtslage zwar für zulässig, aber letztendlich nicht berechtigt.

Der OGH bejaht bei grobem Verschulden einen Anspruch auf Trauerschmerzengeld für den Verlust naher Angehöriger. Voraussetzung des Anspruchs ist eine intensive Gefühlsgemeinschaft, wie sie zwischen nächsten Angehörigen typischerweise besteht. Erfasst sind jedenfalls Ehegatten, Lebensgefährten sowie Eltern, Kinder und in einem gemeinsamen Haushalt lebende Geschwister.

Höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage des Trauerschmerzengeldes wegen des Verlusts eines Haustieres gibt es bisher nicht. In zwei Schockschadensfällen wurde die Haftung verneint. Jedoch liege der Eintritt einer psychischen Beeinträchtigung mit Krankheitswert bei Tötung eines geliebten Tieres nicht außerhalb jeder Lebenserfahrung. Nach Ansicht des OGH kann die bloße Trauer um ein Haustier jedoch von vornherein keinen Schmerzengeldanspruch begründen. Ausgangspunkt sei die Wertung des § 1331 ABGB. Danach begründet die Beschädigung einer Sache nur dann einen Anspruch auf den „Wert der besonderen Vorliebe“, wenn sie „vermittels einer durch ein Strafgesetz verbotenen Handlung oder aus Mutwillen und Schadenfreude erfolgte“. Nur unter dieser Voraussetzung können daher „außergewöhnliche Gefühlsbeziehungen“ des Eigentümers zu einer Sache den Schädiger zum Ersatz von ideellen Schäden verpflichten. Tiere sind zwar nach § 285a ABGB keine Sachen; die für Sachen geltenden Bestimmungen sind aber weiterhin auf sie anzuwenden, sofern keine abweichenden Reglungen bestehen. Eine solche abweichende Regelung ist § 1332a ABGB. Diese Bestimmung erfasst aber nur die tatsächlich aufgewendeten Kosten der Heilung. Im Übrigen gelten für Grund und Höhe des Schadenersatzanspruchs bei Verletzung oder Tötung eines Tieres weiterhin die Regelungen des ABGB über die Sachbeschädigung. Der Gesetzgeber ging daher bei Schaffung dieser Bestimmung davon aus, dass ideelle Schäden aufgrund des Verlusts eines Tieres nur bei Vorsatz zu ersetzen sind. Auf dieser Grundlage kann die durch Rechtsanalogie entwickelte Rechtsprechung zum Ersatz des Trauerschadens nicht auf den Verlust eines Tieres übertragen werden. Zudem ist die geforderte Typizität der Trauer beim Verlust eines Tieres – anders als bei der Tötung naher Angehöriger – nicht gegeben. Diese Typizität ist aber gerade beim Trauerschmerzengeld notwendige Tatbestandsvoraussetzung, weil sich Trauer einer objektiven Beurteilung entzieht und daher eine klare Abgrenzung der Anspruchsberechtigten erforderlich ist.

„Trauerschmerzengeld“ kommt daher bei Verlust eines Tieres nur nach Maßgabe von § 1331 ABGB in Betracht. Das träfe etwa bei Tierquälerei iSv § 222 StGB zu. Bei bloßer, wenn auch grob fahrlässiger, Tötung könnte ein Anspruch demgegenüber nur durch eine Änderung des Gesetzes begründet werden.