OGH-Entscheidung vom 23.2.2022, 4 Ob 222/21g

 

Sachverhalt:

Die Mutter eines schulpflichtigen Kindes lehnte die allgemein gültigen Corona-Maßnahmen der Schule (Maske, Tests, Abstand) ab und meldete das Kind deshalb zum häuslichen Unterricht gemäß § 11 Schulpflichtgesetz an, ohne tatsächlich einen adäquaten Ersatz zum Schulunterricht zu bieten. Der getrennt lebende Vater hielt den Schulbesuch hingegen für erforderlich und beantragte, der Mutter die Obsorge in den Teilbereichen schulische Ausbildung sowie medizinische Versorgung zu entziehen.

 

Entscheidung:

Das Erstgericht gab dem Antrag des Vaters statt. Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Der OGH wies den Revisionsrekurs der Mutter als unzulässig zurück. Es stelle sich die Frage, ob es dem Wohl des Minderjährigen eher zuträglich ist, in den Teilbereichen schulische Ausbildung und medizinische Versorgung in Alleinobsorge der Mutter zu sein, die ihn vom Schulunterricht abmeldete ohne adäquaten Ersatz zu bieten, oder in Alleinobsorge des Vaters, der die Fortsetzung des regulären Schulunterrichts für seinen Sohn befürwortet. In einer Schulbesuchsverweigerung seitens der Obsorgeberechtigten kann eine Kindeswohlgefährdung liegen. Im Übrigen ist aus den §§ 137 Abs 2, 138 Z 1 und 160 Abs 1 ABGB ein umfassender Auftrag an obsorgeberechtigte Personen zur Erhaltung und Förderung der Gesundheit von minderjährigen Kindern abzuleiten. Die (Allein-)Obsorge und damit Entscheidungsgewalt des Vaters über die Aspekte des Schulbesuchs und der medizinischen Versorgung entsprächen eher dem Wohl des Minderjährigen als jene der Mutter. Daher bestätigte der OGH die Entscheidungen der Vorinstanzen.

 

 

Link zur OGH-Entscheidung

 

 

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