OGH-Entscheidung vom 22.12.2020, 4 Ob153/20h

 

Sachverhalt:

Über das Internetportal einer deutschen Betreiberin konnten von österreichischen Kunden Tickets für Flüge gebucht werden. Die Arbeiterkammer klagte die Betreiberin auf Unterlassung; konkret sollte die Beklagte es unterlassen, bei der Nutzung bestimmter Zahlungsinstrumente (bestimmte Kreditkarten) von den Kunden zusätzlich zum Grundpreis hinzutretende Entgelte (insbesondere sogenannte Service-Fees) einzuheben.

Die Beklagte lasse Zahlungen mit den genannten Kreditkarten zu, stelle aber allein bei Bezahlung mit VISA Electron keine Service-Fee in Rechnung. Dieses Zahlungsmittel, eine Pre-Paid-Kreditkarte, sei aufgrund seines geringen Marktanteils von unter 4 % nicht gängig. Die Beklagte verstoße mit der Verrechnung der Service-Fee bei Verwendung anderer (üblicher) Kreditkarten gegen § 27 Abs 6 ZaDiG aF, wonach die Einhebung eines Entgelts für die Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstruments unzulässig sei, und verschaffe sich dadurch einen unlauteren Vorteil gegenüber gesetzestreuen Mitbewerbern.

 

Entscheidung:

Das Erstgericht gab der Klage statt. Das Berufungsgericht wies das Unterlassungsbegehren ab, da § 27 Abs 6 ZaDiG aF kein generelles Verbot normiere, einen Mehraufwand weiter zu verrechnen. Gesetzwidrig sei nur die Erhebung eines separaten, zusätzlichen Entgelts, nicht aber dessen Einrechnung bereits im Grundpreis. Der OGH erachtete die dagegen gerichtete Revision der Klägerin für zulässig und berechtigt.

Zum anzuwendenden Recht erklärte der OGH zunächst die Rechtswahlklausel der Beklagten für unzulässig. Das anwendbare Recht sei daher nach Art 6 Abs 1 Rom II-VO zu bestimmen; überdies sei unstrittig, dass die Website der Beklagten (auch) auf Kunden in Österreich ausgerichtet ist. Dies führe zur Anwendbarkeit österreichischen Rechts.

Zum Verstoß gegen das ZaDiG verwies der OGH in weitere Folge auf eine frühere Entscheidung (hier im Blog nachzulesen), in der er die Anwendbarkeit von § 27 Abs 6 ZaDiG aF auf den ausländischen Betreiber eines Flugbuchungsportals bejahte. Dort wurde es als § 27 Abs 6 ZaDiG aF widersprechend angesehen, wenn der (günstigste) Preis für ein Flugangebot zunächst mit einem bestimmten (voreingestellten) Zahlungsinstrument angezeigt und in einem weiteren Schritt des Buchungsvorgangs für die Verwendung anderer Zahlungsinstrumente ein Aufschlag verrechnet wird.

27 Abs 6 ZaDiG aF bzw § 56 Abs 3 ZaDiG 2018 zielt auf eine gewisse Markttransparenz ab. Gleichzeitig normieren diese Bestimmungen ein generelles Verbot der Berechnung von Aufschlägen. Es soll verhindern, dass ein Unternehmen vom Kunden bei der Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstruments einen höheren Endpreis als den mitgeteilten fordert, den der Kunde mit anderen Preisangeboten vergleicht, da die Verbraucher für ihre Entscheidung, ein bestimmtes Produkt zu kaufen, die Preise und nicht die Entgelte für die Nutzung von Zahlungsinstrumenten vergleichen.

Das Verbot von Aufschlägen gilt für jedes einzelne Angebot. Das Produktangebot ist von der Gebühr für den Einsatz eines Zahlungsinstruments zu unterscheiden, denn die Verbraucher suchen nach ersterem. Es ist folglich unzulässig, in einem Vergleichsportal wie jenem der Beklagten ein bestimmtes Angebot für einen Flug in mehrere Angebote für einen Flug plus ein bestimmtes Zahlungsmittel aufzuspalten. Ein derartiges Vorgehen widerspricht einerseits dem Gebot nach Transparenz, weil dem Verbraucher dieselbe Leistung (Flugticket für eine bestimmte Strecke zu einem bestimmten Abflugtermin) mehrfach mit unterschiedlichen Preisen angezeigt wird, und er sich sodann erst jenes Angebot auswählen muss, das dem von ihm präferierten Zahlungsmittel entspricht. Außerdem wird auf diese Weise bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise das gesetzliche Verbot von Aufschlägen umgangen, indem dasselbe Leistungsangebot zunächst durch einen Entgeltaufschlag vervielfacht wird, um sodann in einem weiteren Schritt vom ausgewiesenen Preis pro forma wieder Abschläge vornehmen zu können. Hinzu kommt, dass selbst nach Auswahl eines Fluges plus bestimmtes Zahlungsmittel eine Änderung des Zahlungsmittels möglich bleibt und dann gegebenenfalls ein Aufschlag verrechnet wird.

Die Geschäftspraktik der Beklagten widerspricht daher den zitierten Bestimmungen des ZaDiG aF und nF und erfüllt somit den Tatbestand des § 1 Abs 1 Z 2 UWG in Verbindung mit § 28a KSchG. Der von der Klägerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch wurde daher vom OGH bejaht.