OGH-Entscheidung vom 27.2.2025, 8 Ob 3/25m

 

Sachverhalt:

Der Kläger machte Schadenersatzansprüche gegen seine Nachbarin (die Beklagte) geltend. Er behauptete, Wurzeln von Bäumen auf ihrem Grundstück hätten seine Entwässerungsrinne sowie die asphaltierte bzw. gepflasterte Fläche seines Grundstücks beschädigt. Nach den Feststellungen des Erstgerichts waren allerdings an der Asphalt- und Pflasterfläche keine Schäden erkennbar. Der Beklagten war auch nicht bewusst, dass Wurzeln ihrer Bäume auf das Nachbargrundstück wuchsen.

 

Entscheidung:

Der OGH bestätigt die klageabweisenden Entscheidungen der Vorinstanzen. Er betonte dabei, dass das Wachsen von Bäumen ein natürlicher Vorgang ist. Grundeigentümer dürfen Bäume auch in Grenznähe pflanzen und müssen Wurzeln und Äste nicht „rechtzeitig“ zurückschneiden.

Ein Schadenersatzanspruch gegen den Baumeigentümer besteht nur dann, wenn die Beeinträchtigung die ortsübliche Grundstücksnutzung wesentlich beeinträchtigt und einen unzumutbaren Zustand schafft, der nicht durch einfache Selbsthilfe beseitigt werden kann, oder eine konkrete Gefahr für Sachen oder Personen besteht und diese Gefährdung für den Baumeigentümer erkennbar war.

Der OGH stellte klar, dass das Setzen eines Baumes an der Grenze nicht rechtswidrig ist. Auch aus sichtbaren Wurzeln kann nicht automatisch auf ein rechtswidriges Verhalten geschlossen werden. Der Baumeigentümer muss nur dann tätig werden, wenn für ihn eine konkrete Gefährdung des Nachbargrundstücks erkennbar ist.

Ein Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch kann im Einzelfall bestehen, wenn die Beeinträchtigung unter Bedachtnahme auf das nachbarrechtliche Rücksichtnahmegebot des § 364 Abs 1 Satz 2 ABGB iSd § 364 Abs 2 Satz 1 ABGB die ortsübliche Benutzung des Grundeigentums wesentlich beeinträchtigt und einen unzumutbaren Zustand herbeiführt, der nicht durch eine leichte und einfache Ausübung des Selbsthilferechts nach § 422 ABGB beseitigt werden kann, oder wenn Bäume und Pflanzen eine konkrete – und für den Nachbar wiederum selbst nicht leicht abzustellende – Gefahr für Sachen oder Leib und Leben am Nachbargrundstück darstellen.

 

 

Link zur Entscheidung

 

Weitere Blog-Beiträge zum Thema Nachbarn:

Nachbarrecht: Schäden durch Wurzeln eines Baumes an Grundstücksgrenze

Videoüberwachung: Für Nachbarn darf nicht der Eindruck des Überwachtwerdens entstehen.

Auch verpixelte Videoüberwachung des Nachbargrundstücks ist Eingriff in die Privatsphäre

Neue OGH-Rechtsprechung zu Schadenersatzansprüchen für Opfer von Stalking und sexueller Belästigung

Werbung der Konkurrenz am Nachbargrundstück zulässig (UWG)

Eingriff in Privatsphäre: „Vorsorgliche“ heimliche Anfertigung von Fotos und Videos zu Beweiszwecken.