BGH-Urteil vom 29. Juli 2021 – I ZR 139/20

 

Sachverhalt:

Der „Lindt-Goldhase“ wird seit dem Jahr 1952 in Deutschland in goldener Folie und seit 1994 im aktuellen Goldton angeboten. Die Klägerinnen (aus der Unternehmensgruppe Lindt & Sprüngli) setzten in den letzten 30 Jahren in Deutschland mehr als 500 Millionen Goldhasen ab. Der „Lindt-Goldhase“ ist der mit Abstand meistverkaufte Schokoladenosterhase Deutschlands. Sein Marktanteil betrug in Deutschland im Jahr 2017 über 40%. Bei einer Verkehrsbefragung ordneten 70% der Befragten den goldenen Farbton der Folie im Zusammenhang mit Schokoladenhasen dem Unternehmen der Klägerinnen zu.

Die Beklagte ist ebenfalls Herstellerin von Schokoladenprodukten und vertrieb gleichfalls einen sitzenden Schokoladenhasen in einer goldfarbenen Folie. Die Klägerinnen klagten daraufhin u.a. auf Unterlassung, Erteilung von Auskünften und Feststellung der Schadensersatzpflicht.

 

Entscheidung:

Das Oberlandesgericht wies die Klage ab. Der BGH gab der Revision der Klägerinnen jedoch Folge und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück.

In seiner Begründung hielt der BGH fest, dass die Klägerinnen nachgewiesen haben, dass der Goldton des Lindt-Goldhasen innerhalb der beteiligten Verkehrskreise im Sinne von § 4 Nr. 2 dMarkenG als Marke Verkehrsgeltung für Schokoladenhasen erlangt hat. Nach der vorgelegten Verkehrsbefragung beträgt der Zuordnungsgrad des für die Folie des „Lindt-Goldhasen“ verwendeten goldenen Farbtons im Zusammenhang mit Schokoladenhasen zum Unternehmen der Klägerinnen 70% und übersteigt damit die erforderliche Schwelle von 50% deutlich.

Der Erwerb von Verkehrsgeltung setzt nicht voraus, dass das Farbzeichen als „Hausfarbe“ für sämtliche oder zahlreiche Produkte des Unternehmens verwendet wird. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob der Verkehr dann, wenn der Goldton für andere Schokoladenhasen als den bekannten Lindt-Goldhasen verwendet würde, darin einen Herkunftshinweis auf die Klägerinnen sähe. Das ist eine Frage der Verwechslungsgefahr, die sich erst im Rahmen der Prüfung einer Verletzung der Farbmarke stellt. Gegen eine Verkehrsgeltung des Goldtons spricht auch nicht, dass er zusammen mit ebenfalls verkehrsbekannten Gestaltungselementen des „Lindt-Goldhasen“ (sitzender Hase, rotes Halsband mit goldenem Glöckchen, Bemalung und Aufschrift „Lindt GOLDHASE“) eingesetzt wird. Entscheidend ist, dass die angesprochenen Verkehrskreise in einer Verwendung dieses Goldtons für Schokoladenhasen auch dann einen Herkunftshinweis sehen, wenn er zusammen mit diesen anderen Gestaltungselementen verwendet wird.

 

Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 29.7.2021

 

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