OGH-Entscheidungen vom 19.5.2015

Sachverhalt:

Die Klägerin ist Medieninhaberin der Tageszeitung „Österreich“.

Im Verfahren zur Geschäftszahl 4 Ob 74/15h klagte „Österreich“ den „Österreichischen Ethik-Rat für Public Relations“ (kurz:“PR-Ethik-Rat“). Dieser hat nach den Vereinsstatuten die Aufgabe, die Einhaltung ethischer Grundsätze in der Öffentlichkeitsarbeit  zu überwachen. Er veröffentlicht – für den Fall, dass nach seiner Meinung eine Verletzung ethischer Grundsätze vorliegt – eine „Rüge“ oder „Ermahnung“.

Im Februar 2014 veranlasste der „PR-Ethik-Rat“ unter dem Titel „PR-Ethik Rat rügt Österreich“ eine Aussendung der APA. Der Aussendung lag ein redaktioneller Beitrag einer Sonntagsausgabe der Tageszeitung „Österreich“ zugrunde, in dem über Lehrstellenangebote namentlich genannter Arbeitgeber berichtet wurde. Diese Unternehmen schalteten in der gleichen Ausgabe der Zeitung auch Werbeinserate. In der APA-Aussendung wird über die Vermutung eines „Beschwerdeführers“ referiert, es handle sich beim redaktionellen Beitrag um Gefälligkeitsberichte für Anzeigenkunden. Dieser Einschätzung schloss sich der „PR-Ethik-Rat“ an und rügte die Tageszeitung „Österreich“ öffentlich wegen Gefälligkeitsberichterstattung und Täuschung der Leser/innen.

Im Verfahren zur Geschäftszahl 4 Ob 73/15m gegen den „Presserat“ liegt der von diesem geäußerte Verdacht zugrunde, dass zwei Artikel in „Österreich“ mit Werbegeld finanziert worden seien, ohne dies entsprechend auszuweisen. Der „Presserat“ sah sich veranlasst, diesem Verdacht nachzugehen und unter anderem die potentiellen Werbekunden der Klägerin (AK Wien und Frauenministerium) um Stellungnahme zu bitten.

„Österreich“ warf dem „PR-Ethik-Rat“ in der auf Lauterkeitsrecht und § 1330 ABGB gestützten Klage irreführende und herabsetzende Angaben und die Vortäuschung von hoheitlichen Befugnissen vor. Die beanstandeten Schreiben des „Presserats“ seien zum wiederum Pauschalherabsetzungen iSv § 1 UWG.

Entscheidung:

Die ersten und zweiten Instanzen wiesen die Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht ging im Falle des „PR-Ethik-Rats“ davon aus, dass es sich beim Bericht um eine durch das Recht auf Meinungsfreiheit gedeckte subjektive Meinungsäußerung (bzw um ein Werturteil) mit einem im Kern wahren Tatsachensubstrat handle. Die klagende Partei könne sich daher nicht auf § 1330 ABGB stützen.

Der „Presserat“ wiederum bezwecke die Selbstkontrolle der österreichischen Printmedien. Er habe weder ein eigenes wirtschaftliches Interesse am Ergebnis seiner Erhebungen, noch ein Interesse an einem wirtschaftlichen Misserfolg der Klägerin. Damit lägen keine lauterkeitsrechtlichen Verstöße vor.

Lauterkeitsrechtliche Ansprüche scheiterten insgesamt am fehlenden „Handeln im geschäftlichen Verkehr“.

Der OGH sah hierin keine Fehlbeurteilungen und wies die ao. Revisionen der Klägerin zurück.

Die Beklagten werden selbst nicht wirtschaftlich tätig und könnten daher allenfalls wegen der Förderung fremden Wettbewerbs in Anspruch genommen werden. Wegen des generellen Wegfalls der Wettbewerbsabsicht als Tatbestandsmerkmal des § 1 UWG durch die UWG-Novelle 2007 kommt es nach der ständigen Rechtsprechung nicht mehr auf die Absicht an, fremden Wettbewerb zu fördern, sondern auf die Eignung, sofern nicht bei objektiver Betrachtung eine andere Zielsetzung eindeutig überwiegt. In solchen Fällen scheitert ein lauterkeitsrechtlicher Unterlassungsanspruch am fehlenden Handeln im geschäftlichen Verkehr, dies ungeachtet der als bloßer Reflex zu wertenden faktischen Förderung des Wettbewerbs von einzelnen Konkurrenten. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, mit seiner Rüge habe der „PR-Ethik-Rat“ seiner Ansicht nach bedenkliche PR-Aktivitäten aufzeigen, nicht aber Konkurrenten der klagenden Partei fördern oder Inserenten beeinflussen wollen, weshalb wettbewerbsfremde Zielsetzungen eindeutig überwogen hätten, hält sich im Rahmen der bisherigen OGH-Judikatur.