EuGH-Urteil vom 13.11.2025, Rechtssache C‑654/23

 

Sachverhalt:

Die Inteligo Media SA betreibt das Online-Pressemedium avocatnet.ro, das über Gesetzesänderungen in Rumänien informiert. 2018 führte das Unternehmen ein Abonnementsystem ein, bei dem Nutzer zunächst sechs Artikel pro Monat kostenlos lesen konnten. Für den Zugang zu weiteren Inhalten mussten sie ein kostenloses Konto einrichten. Mit diesem Konto erhielten sie Zugang zu zwei zusätzlichen kostenlosen Artikeln pro Monat sowie einen täglichen Newsletter mit Zusammenfassungen gesetzgeberischer Neuerungen und Hyperlinks zu den vollständigen Artikeln. Optional konnten Nutzer gegen Bezahlung auf alle Artikel zugreifen.

Bei der Kontoeinrichtung konnten Nutzer den Newsletter-Erhalt durch Ankreuzen eines Opt out Feldes ablehnen oder ihn später jederzeit per Abmeldelink abbestellen.

Die rumänische Datenschutzbehörde verhängte 2019 eine Geldbuße von etwa EUR 9.000, da das Unternehmen die ausdrückliche Einwilligung von 4.357 Nutzern in die Datenverarbeitung nicht habe nachweisen können und die Daten zweckwidrig verwendet habe. Inteligo Media berief sich auf die nationale Umsetzung von Art. 13 Abs. 2 der ePrivacy-Richtlinie 2002/58 und argumentierte, der Newsletter sei überwiegend redaktionell und die Voraussetzungen des Opt out Modells seien erfüllt.

Das rumänische Berufungsgericht legte dem EuGH das Verfahren zur Vorabentscheidung vor.

 

Entscheidung:

Der EuGH stufte den verfahrensgegenständlichen Newsletter als Direktwerbung im Sinne von Art. 13 Abs. 1 und 2 ePrivacy-Richtlinie ein. Maßgeblich sei, dass die Nachricht ein kommerzielles Ziel verfolgt, indem sie den Abruf kostenpflichtiger Inhalte fördert. Der informierende Charakter schließe die Qualifikation als Werbung nicht aus, da der Newsletter Nutzer auf Artikel des Portals lenkt und damit das Geschäftsmodell des Herausgebers unterstützt.

Der EuGH stellte auch klar, dass die E-Mail-Adressen im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Dienstleistung erhoben wurden. Zwar setze der Begriff Verkauf grundsätzlich eine entgeltliche Gegenleistung voraus, doch könne diese auch indirekt erfolgen. Das kostenlose Konto diene der Anbahnung des kostenpflichtigen Angebots; die Kosten der kostenlosen Leistungen flössen wirtschaftlich in das Preisgefüge des Vollabonnements ein. Dies genüge für das Tatbestandsmerkmal des Verkaufs im Sinne von Art. 13 Abs. 2.

Sind diese Voraussetzungen erfüllt, greift die Ausnahme des Art. 13 Abs. 2 ePrivacy-Richtlinie. Unternehmen dürfen dann ohne vorherige Einwilligung elektronische Kontaktinformationen für Direktwerbung zu ähnlichen eigenen Produkten und Dienstleistungen nutzen, sofern bei Erhebung der Adresse und bei jeder Nachricht ein klarer Hinweis auf das Widerspruchsrecht erfolgt und dieses einfach sowie unentgeltlich ausgeübt werden kann.

Der EuGH stellt abschließend klar, dass Art. 13 Abs. 2 ePrivacy-Richtlinie eine spezielle und abschließende Rechtsgrundlage darstellt. Aufgrund der Vorrangregel des Art. 95 DSGVO verdrängt diese Spezialvorschrift die allgemeinen Rechtmäßigkeitsanforderungen des Art. 6 Abs. 1 DSGVO. Liegen die Voraussetzungen des Soft Opt In vor, bedarf es keiner zusätzlichen DSGVO-Rechtsgrundlage.

 

 

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